Es ist ein klarer Februarmorgen, die Sonne hat lange nicht ihre volle Kraft entwickelt. Und doch haben einige Krokusse bereits den Weg durch die vom Winter erfrorene Erde gefunden und lassen selbst in der frostigen Kälte an einen baldigen Frühling glauben. Die Stühle und Tische auf dem Mensavorplatz der Hochschule Niederrhein bleiben zwar noch leer; doch wenn es wärmer ist, werden die Sitzgelegenheiten im Zentrum des Campus dazu einladen, sich hier zu treffen, kennenzulernen und auszutauschen. Genau, wie die neue Kanzlerin Prof. Dr. Fabienne Köller-Marek es sich vorgestellt hat, als sie in ihrer zweiten Amtswoche im September die Möbel dort aufstellen ließ – trotz anfänglicher Gegenwehr.
‚Zuständig für Alles‘, so beschreibt sie ihre Funktion in der Hochschulleitung, und als solche hat Prof. Dr. Köller-Marek einiges zu tun. Die promovierte Juristin trägt die Verantwortung für Personal, Infrastrukturen und Finanzen der Bildungseinrichtung; darunter fallen Baumaßnahmen an den beiden Standorten Krefeld und Mönchengladbach ebenso wie scheinbar kleine Entscheidungen, zum Beispiel die Sitzgelegenheiten auf dem Mensavorplatz. „Das gab zwar zunächst jede Menge Ärger “, gibt die Kanzlerin freimütig zu, „aber nach wenigen Tagen war daraus der Begegnungsort der Hochschule geworden. Jetzt ist der Platz aus dem Studierendenleben nicht mehr wegzudenken.“ Doch nicht nur die Studierenden haben mehr Gelegenheit zum Austausch, auch für ihre Mitarbeitenden in der Verwaltung plant die innovationsfreudige Führungskraft ein offenes Bürokonzept. „Wir stellen langsam von den klassischen Vereinzelungsbüros auf Desksharing um“, erläutert Köller-Marek, „denn im Homeoffice arbeiten die Kollegen und Kolleginnen ja bereits für sich ihre Regelaufgaben ab. Gute Ideen und Innovationen entstehen aber bei freien Begegnungen, sozusagen auf dem Flur!“ Sie selbst geht mit gutem Beispiel voran und wird ihr Büro einer Projektgruppe überlassen. „Ich besuche bei Meetings gerne den Ort, der den Inhalt vorgibt, daher brauche ich nicht viel Platz“, legt Prof. Dr. Köller-Marek dar. Wenn ein Teil der Verwaltung wie geplant ins Behnisch Haus in der Innenstadt zieht, wird es neben dem Desksharing selbstverständlich weiterhin stille Räume geben, in denen konzentriertes Arbeiten möglich ist. Um die Vorteile des modernen Arbeitens aufzuzeigen, hat sie ihr Team schon auf einen Besuch in das in vielerlei Hinsicht zukunftsweisende Venloer Rathaus eingeladen. „Ich will die Menschen für meine Ideen begeistern, aber manchmal ist diese Überzeugungsarbeit echt anstrengend“, gesteht Köller-Marek.
Vor allem, da sie neben der Leitungsfunktion als Kanzlerin noch eine Lehrposition als Professorin für Angewandte Rechtswissenschaften im Fachbereich Gesundheitswesen innehat. Dabei war das Studienfach Jura damals gar nicht ihre große Leidenschaft, erinnert sich die 46-jährige: „Eigentlich wollte ich Biochemie studieren, doch dafür waren die Berufschancen zu schlecht.“ Während des Studiums fand sie den Weg zurück zur Naturwissenschaft: Ihre Promotion schrieb sie in Chemikalienrecht und auch ihre frühen beruflichen Aufgaben, unter anderem als Referentin im Bundesforschungsministerium, spiegeln ihr ursprüngliches Interesse wider. Die juristische Grundausbildung weiß sie in ihrer heutigen Stellung indessen sehr zu schätzen. „Die analytische, lösungsorientierte Denkweise, die ich dort gelernt habe, wende ich hier täglich an“, unterstreicht Köller-Marek, „denn im Prinzip habe ich es täglich mit Sachverhalten zu tun, für die Lösungen gesucht werden. Als Juristin fallen mir dabei Entscheidungen möglicherweise leichter, da ich die rechtlichen Konsequenzen gut überblicken kann.“
Dass sie bei anstrengender Überzeugungsarbeit und schwerwiegenden Entscheidungen den Rückhalt ihrer Kollegen im Präsidium hat, stärkt ihre Position. „Ich bin nicht auf mich allein gestellt“, weiß die Kanzlerin, „aber ich war schon immer auch einfach mutig.“ Mit diesem Selbstvertrauen möchte Prof. Dr. Köller-Marek in der Zukunft zudem vermehrt auch repräsentative Funktionen für die Hochschule übernehmen. Ihr Anliegen ist es, als weibliche Führungsperson sichtbarer zu werden, denn die Zurückhaltung der Frauen im akademischen Feld ist ihr leider sehr vertraut. „Keiner unserer zehn Fachbereiche etwa hat eine Dekanin – nicht einmal die mit starkem Frauenüberhang unter den Lehrenden“, offenbart Köller-Marek und bezeichnet das klar als einen Strukturfehler, der ihrer Meinung nach durch ein überholtes Rollendenken um Familie und Beruf bedingt ist. Um dies zu beheben, will sie sich unter anderem bei der Organisation der Leading Ladies in Town vor allem stärkenorientiert einsetzen. Durch eine stärkere Vernetzung der Professorinnen und Mitarbeiterinnen innerhalb der Hochschule möchte sie im Austausch miteinander Ideen für eine veränderte, familienfreundlichere Arbeitswelt entwickeln. Was gibt Prof. Dr. Köller-Marek, die selbst Mutter ist und sich gemeinsam mit ihrem Mann bewusst gegen die klassische Rollenverteilung entschieden hat, den Antrieb für all diese Veränderungen selbst gegen Widerstände? Sie lächelt: „Mein unbändiger Glaube daran, dass es geht.“
Über LLiT – Leading Ladies in Town
- Ziel des Netzwerks „Leading Ladies in Town“ ist es, lokale Unternehmen mit topqualifizierten Frauen zu vernetzen und Future Leading Ladies zu gewinnen und zu unterstützen
- Jüngstes Beispiel: Das Mentoringprogramm „Als Frau in Führung gehen“, das angehende Ingenieurinnen der Hochschule Niederrhein und Unternehmen aus der Region zusammenbringt. Ein Gemeinschafts-Projekt von Kirsten Wittke-Lemm, Hauptge schäftsführerin Unternehmerschaft Niederrhein e. V., Ralf Kampker, Professor für Wirtschaftsingenieurwesen an der Hochschule Niederrhein, Dr. Inge Röhnelt, Projektleiterin und Gründungsmitglied von LEADING LADIES IN TOWN und Sandra Laumen, Gleichstellungsbeauftragte der Hochschule.
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[…] der Bundeswehr. Im dritten Teil unserer Reihe über die „Leading Ladies in Town“ besuchten wir Prof. Dr. Fabienne Köller-Marek, seit vergangenem Jahr die Kanzlerin der Hochschule Niederrhein, und sprachen mit ihr über ihre […]