Dieser Ausblick ist nicht für jedermann: Aus dem Geflecht aus Rohren und Schornsteinen des CHEMPARK steigt weißer Dampf. Dahinter glitzert der Rhein unter dem dramatisch bewölkten Himmel, die niederrheinischen Auen leuchten in frischem Grün. Etwas weiter entfernt ist das Uerdinger Rheinufer zu sehen, das bald eine große Veränderung erleben wird. Von dieser windumwehten Höhe überblickt Laura Siebert ihren Wirkungsbereich. Sie war als leitende Mitarbeiterin der Currenta GmbH gerade maßgeblich daran beteiligt, das Projekt Rheinblick in Uerdingen in die nächste Phase zu überführen.
„2003 startete das Bebauungsplanverfahren mit dem ersten Workshop, in dem sich damals die BAYER AG bereits eingebracht hat. Seit zehn Jahren begleitete die Currenta GmbH als Manager und Betreiber des CHEMPARK das Projekt, ich selbst habe die vergangenen drei Jahre daran mitgearbeitet“, blickt Siebert später im Nachbarschaftsbüro am Uerdinger Marktplatz zurück. Über die Pläne für den Rheinblick spricht sie souverän, wenn auch mit einer gewissen Erleichterung, denn wie so oft waren es auch hier die letzten Tage vor dem Ende der Frist, die besonders anstrengend waren. „Noch am 27. Februar, dem letzten Tag vor der Ausschusssitzung, die den Bebauungsplan rechtskräftig machte, wurden letzte Verträge unterschrieben. Es war eine spannende Zeit, aber ich bin froh, dass wir das nun abgeschlossen haben und es dort endlich losgehen kann!“, resümiert sie lachend. Ihre Aufgabe als leitende Mitarbeiterin der Werkleit- und Standortplanung für den CHEMPARK Uerdingen ist es unter anderem, die Pläne der umliegenden Gemeinden im Blick zu haben und gegebenenfalls die Belange der zugehörigen Unternehmen gegenüber den Kommunen und den Investoren zu vertreten. Bewertungen und Prüfungen der Pläne, Stellungnahmen und Eingaben fallen damit in ihren Verantwortungsbereich. „Der größte Teil der Arbeit ist aber die Kommunikation“, beschreibt die Stadtplanerin ihre Tätigkeit, „die Vermittlung zwischen den Interessen aller Beteiligten. Die Annäherung von Wohngebieten an den CHEMPARK bringt gewisse Realitäten mit sich: Industrie macht Geräusche und Gerüche. In die Planung des Rheinblick-Projektes haben wir daher, wo nötig, Vorschläge etwa zum Schallschutz eingebracht, damit sich unsere zukünftigen Nachbarn dort wohlfühlen und der CHEMPARK in seiner Entwicklung nicht eingeschränkt wird.“
Laura Sieberts Lebensweg ist das Ergebnis weitsichtiger Planung und unbeirrbarer Zielstrebigkeit. „Als ich sieben war, bauten meine Eltern ein Haus. Schon da habe ich viel mit den Architekten gesprochen und durfte sogar mein Zimmer selbst mitgestalten“, erinnert sich die 33-jährige schmunzelnd, „seitdem wusste ich, dass ich Architektur studieren will.“ Nach dem Bachelor an der Peter Behrens School of Arts spezialisierte sie sich mit einem Masterstudium auf den Städtebau; nach ihrem Abschluss arbeitete sie zunächst in der Bauaufsicht und im Planungsamt der Stadt Monheim, bevor sie zur Currenta GmbH wechselte. Auch in ihrer Freizeit widmet sich die Langenfelderin gerne der Baukunst. Mit ihrem Lebensgefährten hat sie in den vergangenen zwei Jahren ein Backsteinhaus aus der Nachkriegszeit von Grund auf kernsaniert, dabei nahm sie natürlich auch schweres Gerät selbst in die Hand. „Egal, ob ich bis nachts im Büro über Bebauungsplänen saß, am nächsten Morgen stand ich auf der Baustelle mit dem Brecheisen in der Hand“, erzählt Siebert mit berechtigtem Stolz. Die handwerkliche Seite der Architektur ist ihr seit einem Schreinerei-Praktikum wohl vertraut, im Studium gehörte auch die Arbeit an der Kreissäge dazu, um die eigenen Entwürfe als Holzmodelle umzusetzen. „Das hat mir sehr viel Spaß gemacht“, unterstreicht Siebert, „nur ist es Tatsache, dass die Handhabung der schwereren Maschinen für Frauen eine Hürde sein kann.“
Über die Thematik der mangelnden Chancengleichheit für Frauen zu sprechen, ist Laura Siebert nicht scheu. „Darüber kann und sollte man offen sprechen – um vorhandene Hindernisse abzubauen, statt sie zu verfestigen!“, betont sie. So erzählt sie auch von der Erfahrung, als junge Architektin auf Baustellen von den zumeist älteren männlichen Vorarbeitern nicht ernstgenommen worden zu sein. „Da hilft nur klare Kommunikation“, räumt sie nüchtern ein, „und das ist eine Kompetenz, die Frauen unbestritten einbringen.“ Ob im Handwerk, in der Architektur oder im Städtebau, Siebert ist überzeugt, dass alle Bereiche des Lebens durch mehr weibliche Perspektive gewinnen. Frauennetzwerke wie die Leading Ladies in Town hält sie deshalb für zukunftsweisend: „Wir müssen uns als Frauen gegenseitig unterstützen, damit die nachwachsenden Generationen nicht mehr die gleichen Kämpfe austragen müssen.“ Eine Chance für gesellschaftliche Veränderungen sieht sie darin, Missstände anzusprechen und neue Lösungen zu suchen. In den Momenten, in denen sie persönlich mit überkommenen Geschlechterbildern konfrontiert ist, lässt sie sich jedoch nicht irritieren. „Davon lasse ich mich nicht aufhalten“, erklärt sie selbstbewusst, „da kann ich drüberstehen.“ Wenn man betrachtet, welche Höhen Siebert mit dieser Haltung bisher schon erklommen hat, klingt das nach einem guten Plan.
Über LLiT – Leading Ladies in Town
- Ziel des Netzwerkes „Leading Ladies in Town“ ist es, Krefelder Unternehmen mit topqualifizierten Fach- und Führungsfrauen zu vernetzen und Future Leading Ladies bei ihrem Karriereweg zu unterstützen
- Nächste Veranstaltung: Samstag, 22. April von 11 – 14 Uhr in der VHS Krefeld zum Thema „Smart Ladies for a Leading Town“ in Kooperation mit KREFELD BUSINESS und VHS KREFELD.
Inhalte sind: Impulsvortrag von Professorin Caroline Richter von der Uni Bochum zum Thema „Gleichstellung und Digitalisierung im kommunalen Kontext“, ein Kurzbericht von Thomas Müller von Bee Smart City zu „SMARTKREFELD – aktueller Stand der Strategie-Entwicklung“, Mitmachen in 4 Workshops und ganz viel Netzwerken.
Anmeldung mit dem Stichwort „Smart Ladies“ unter gleichstellung@krefeld.de.
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Mitmachen: llit-krefeld.de/kontakt
Fotos: Felix Burandt