F64. Diese Kombination aus einem Buchstaben und zwei Zahlen sagt im medizinischen Kontext mehr über einen Menschen aus, als auf dem ersten Blick ersichtlich ist. Denn mit ihr werden Menschen aufgrund ihres Wunsches, in einem anderen Körper zu leben, offiziell als krank eingestuft. „Störungen der Geschlechtsidentität“, lautet die Diagnose hinter dem Code, die vielen Trans*Personen vermittelt: Ihr seid krank. Warum das auf der einen Seite sehr fragwürdig ist, aber auf der anderen Seite derzeit noch notwendiges Übel, erklärt Andrea Lauber, psychologische Psychotherapeutin in der Klinik Königshof, im Gespräch mit dem CREVELT Magazin.
Wenn Trans*Personen bei Andrea Lauber vorstellig werden, haben sie meist schon einen langen Weg hinter sich: „Die Menschen leben 24 Stunden, sieben Tage die Woche in ihrem Erleben – und das oftmals schon sehr lange.“ Um eine Hormonbehandlung beginnen zu dürfen oder auch eine geschlechtsangleichende Operation vornehmen zu lassen, ist der Weg zur Psychotherapeutin nach wie vor unumgänglich. Im Zuge vieler Gespräche muss Lauber feststellen, ob eine „Störung der Geschlechtsidentität“, wie es im System heißt, vorliegt: „Obwohl die Feststellung notwendig ist, damit wir den Prozess der Hormonbehandlung überhaupt beginnen können, ist mir ganz wichtig zu erklären, dass es sich bei der Diagnose keinesfalls um eine Erkrankung handelt“, erklärt Lauber.
Auch wenn das Thema in den letzten Jahren zunehmend mehr Beachtung bekommen hat, ist es noch ein weiter Weg zur Normalität. Es sind oftmals die Vorurteile gegenüber Trans*Personen, die verheerende Folgen haben können: „Nicht selten habe ich Menschen vor mir sitzen, die ihr Leben lang ihre Geschlechtsidentität versteckt haben und dadurch ernsthaft erkrankt sind“, so die psychologische Psychotherapeutin. Sie berichtet von einem Mann, der sich schon immer weiblich gelesen hat, dies aber aufgrund einer Ehe mit einer Frau nicht ausleben konnte: „Das sind mitunter dann ganze Existenzen, die auf dem Spiel stehen und wegbrechen“, berichtet Lauber. Depressionen und Angststörungen sind oftmals Begleitsymptome, die das Verstecken über viele Jahre mit sich bringen.
Wie schwer es Trans*Personen auf ihrem Weg oftmals haben, zeigt Andrea Lauber an einem einfachen Beispiel: „Ich hatte einen Patienten, bei dessen Namensänderung gefordert wurde, dass er seinen Pullover auszieht, um zu überprüfen, ob er das typisch männlich oder typisch weiblich macht“, berichtet die 40-Jährig. Dabei gibt die Art und Weise, wie sich eine Person nach außen zeigt, nicht zwangsläufig auch Hinweise darüber, wie sie sich identifiziert. Für Andrea Lauber, die sich als Dozentin sehr dafür einsetzt, dass auch zukünftige Generationen von Psychotherapeuten erkennen, dass es sich bei Trans*Personen nicht um erkrankte Personen handelt, ist dieses Verhalten komplett unverständlich: „Wie können wir uns anmaßen, etwas besser zu wissen als der Mensch, der sein Leben lang in diesem Körper lebt? Es ist nicht meine Rolle, Richterin zu sein“, erklärt die psychologische Psychotherapeutin.
Um Trans*Personen auf ihrem Weg zu helfen, bietet die Klinik Königshof am 18. Mai von 17 bis 18 Uhr einen Online-Vortrag zum Thema „Transsexualität“ an. In dem Vortrag geht es um die Herausforderungen, mit denen Trans*Personen immer noch zu kämpfen haben, aber auch um die Hürden, die es in der Gesellschaft zu überwinden gilt und um Möglichkeiten, wie Trans*Personen begleitet und unterstützt werden können.
Für Andrea Lauber ist es ein belohnendes Gefühl zu sehen, wie die Menschen sich während ihrer gemeinsamen Zeit weiterentwickeln: „Viele werden einen Kopf größer und können endlich ge- nauso leben, wie sie es wollen“, berichtet sie. Dann spielt F64 auch keine Rolle mehr, außer dass es ein Buchstabe und zwei Zahlen ohne jedwede Bedeutung sind.
Klinik Königshof
Am Dreifaltigkeitskloster 16
47807 Krefeld
Telefon: 02151 – 8233 00
Für Notfälle: 02151 – 8233 – 6032
Anmeldung zum Vortrag unter: www.klinik-koenigshof-krefeld.de/veranstaltungen/transsexualitaet-unterstuetzung-und-begleitung#1652886000/2433/2433