Daniel Manukyan

„Zukunft geht am besten gemeinsam!“

Daniel Manukyan wurde zwar in Deutschland geboren, doch das komplizierte deutsche Ausländerrecht erschwerte es ihm, hier Fuß zu fassen. Globus erkannte sein Potenzial und stellte ihn als Fleischer-Azubi ein.

„Glück lässt sich nicht erzwingen. Aber es mag hartnäckige Menschen.“ Was klingt wie ein trivialer Kalenderspruch, trifft auf Daniel Manukyan zu. Der 20-Jährige mit armenischen Wurzeln ist in Deutschland geboren und aufgewachsen, er spricht Deutsch mit niederrheinischem Akzent – dennoch gilt er als Ausländer und wird hier nur geduldet. Gegen alle Hürden verfolgt er beharrlich sein Ziel: ein selbstbestimmtes Leben mit Arbeit, Freunden und Familie. Auf einer Jobmesse für Geflüchtete konnte er nützliche Kontakte knüpfen. Und fühlt sich jetzt als frischgebackener Fleischer-Azubi bei Globus pudelwohl. Warum das ein Gewinn für alle ist.

René Sasserath, Leiter der Personalabteilung von Globus, freut sich, mit Daniel einen guten Mitarbeiter gewonnen zu haben.

Der Weg zu Daniel Manukyan führt durch eine riesige Markthalle vorbei an einer meterlangen, prall gefüllten Fleischtheke. Die hauseigene Metzgerei hat seit halb sechs Uhr früh ganze Arbeit geleistet: Wir sehen Schnitzel, Rinderbrust, Fleischkäse und sorgsam gestapelte Wurstscheiben, die sofort Erinnerungen an die Kindheit wecken. „Die Tradition, Kindern etwas Wurst über die Theke zu reichen, gibt es bei uns heute noch“, strahlt René Sasserath, Leiter der Personalabteilung bei Globus in Tönisvorst. Mit leichtem Hungergefühl betreten wir die blitzsaubere Produktion, eingehüllt in hygienische Einwegkittel und mit Haube auf dem Kopf. Ein zierlicher, aber kräftiger junger Mann schneidet mit konzentriertem Blick ein Stück Schweinenacken in daumendicke Scheiben, bevor er sie mit Zwiebeln, Öl und Gewürzen vermischt. Er trägt ein komplett weißes Metzgeroutfit, nur seine linke Hand wird durch einen silbernen Kettenhandschuh geschützt. „Heute ohne Blut“, frotzelt der Chef und zupft noch schnell den Kragen des Auszubildenden für die Fotos zurecht. „Ich bin ein wenig aufgeregt, dies ist mein allererstes Interview“, gibt Daniel fröhlich zu und steht dann doch so locker vor dem Fotografen, dass man die Mischung aus Freude, Dankbarkeit und Selbstbewusstsein an der Körpersprache ablesen kann.

Den Niederrheiner kann Daniel nicht verleugnen. Immer wieder sagt er „wat“ oder „dat“.

„Herr Manukyan ist aus der Masse herausgestochen, weil er so einen starken Willen hat“, erinnert sich René Sasserath an ihre erste Begegnung auf der Messe „Top to the Job“ im evangelischen Gemeindesaal. Bei der Veranstaltung der Wirtschaftsförderung und Barmer Krankenkasse präsentieren sich örtliche Betriebe, die Azubis, ungelernte Kräfte oder Fachpersonal suchen. So informierten sich im März rund 200 Besucher mit Migrationshintergrund über die Möglichkeiten, in einen Beruf einzusteigen. Für Daniel stellt sich das unbürokratische Zusammentreffen als wahrer Glücksfall heraus, wie er freudig berichtet: „Ich bin 20 Jahre alt, will auf eigenen Füßen stehen, finanziell unabhängig sein. Doch die Suche nach einem Ausbildungsplatz war schwierig, weil viele potenzielle Arbeitgeber angesichts meines Aufenthaltsstatus unsicher waren und wohl das Risiko nicht eingehen wollten. Herr Sasserath hat mich von Anfang an bei den Behörden unterstützt und schließlich geklärt, dass der Duldungsstatus für die Zeit der Ausbildung erhalten bleibt.“ Seine persönliche Lage ist nicht ganz einfach, was auch auf das komplizierte Ausländerrecht zurückgeführt werden kann: Obwohl Daniel in Bad Oeynhausen geboren ist, dort Kita und Grundschule besuchte, wurde er als Siebenjähriger nach Armenien abgeschoben. Den ungewollten Neustart zwischen Stadt und Dorf, mit Verwandten, deren Sprache er nicht spricht, bezeichnet er schlicht als „Hin und Her“. Aus politischen Gründen kehrt die Familie gut sechs Jahre nach der Abschiebung wieder nach Deutschland zurück — „um die deutsche Schule zu besuchen, in der Altenpflege zu arbeiten und dem Militärdienst zu entkommen“, betont der Wahl-Tönisvorster, dem immer wieder Worte wie „wat“ und „dat“ herausrutschen. Seine gute Laune steckt an. Nur über den Konflikt zwischen Armenien und Aserbaidschan möchte er nicht reden, auch nicht über die Landtagswahlen in Thüringen und Sachsen. Ob er sich Sorgen um seine Zukunft mache? Die Antwort klingt typisch deutsch: „Solange man arbeitet, kann nichts passieren.“ Wir müssen alle lachen.

Wenn sich Personalchef und Azubi fast freundschaftlich anstupsen, wird nicht nur die gute Chemie zwischen den beiden deutlich. Ein familiäres Miteinander auf Augenhöhe sei Teil der Firmenphilosophie, bekräftigt René Sasserath. „Wir legen großen Wert auf Teamgeist und Wertschätzung füreinander, Herkunft und Religionszugehörigkeit spielen keine Rolle.“ Er wendet sich wieder der Frischetheke zu, wo das fröhliche Team gerade Faxen macht. Wir erleben eine klassische Win-Win-Situation, die mit Blick auf die großen Themen „Fachkräftemangel“, „Migration“ und „Integration“ Hoffnung macht: Allein in Tönisvorst konnte Globus für 2024 drei „sensationelle“ Auszubildende einstellen, und auch Hobbygriller Daniel ist seinem Traum von einer selbstständigen Zukunft in Deutschland ein gutes Stück nähergekommen. Auf dem Weg zurück in die Produktion ruft er uns noch einen Tipp zu: „Nie die Hoffnung aufgeben, wenn man ein Ziel hat!“ Und das erreicht man doch am besten gemeinsam!

Fotos: Felix Burandt
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