Leading Ladies in Town

Stillstand ist Rückschritt

Nicole Küsters ist in ihrer langjährigen Tätigkeit als Betriebsratsvorsitzende noch keinem Konflikt aus dem Weg gegangen.

Die amerikanische Schriftstellerin Maya Angelou schrieb: „Do the best you can until you know better. Then when you know better, do better.“ Dahinter steht der Gedanke, beständig offen dafür zu sein, sich zu hinterfragen, und sein Verhalten immer wieder an neugewonnenes Wissen anzupassen. Ein Grundsatz, den Nicole Küsters nicht nur für ihr eigenes Leben verinnerlicht hat, sondern auch in ihrer ehrenamtlichen Tätigkeit als Betriebsratsvorsitzende der Siempelkamp Maschinenfabrik GmbH und Konzernbetriebsratsvorsitzende umsetzt.

Ihre Konfliktbereitschaft ist das erste Merkmal, das Nicole Küsters selbst an sich hervorhebt. „Mich eine Revoluzzerin zu nennen, geht vielleicht zu weit“, räumt sie schmunzelnd ein, „aber ich bin noch keinem Streit aus dem Weg gegangen.“ Im Einsatz gegen Ungerechtigkeit und für positive Veränderung, insbesondere für die Belange anderer, hat die heutige Betriebsratsvorsitzende im Lauf ihres Lebens nicht nur gute Erfahrungen gemacht. Zwar wurde sie bereits am Gymnasium zur Schülersprecherin gewählt, doch das erste Berufsziel verscherzte sie sich möglicherweise mit ihrer direkten Art. „Ich habe mich immer berufen gefühlt, anderen zu helfen, und wollte daher zur Polizei“, blickt die 54-jährige zurück, „da bin ich nur leider mit meiner großen Klappe durchgefallen.“ Ihre Augen glitzern schelmisch bei der Erinnerung. Dank eines Patenonkels findet Küsters nach dem Abitur stattdessen eine Tätigkeit, die ihre künstlerischen Fähigkeiten und naturwissenschaftlichen Interessen vereint: Sie macht eine Ausbildung zur technischen Zeichnerin bei Siempelkamp. Auch hier gerät sie mit manchen Autoritätspersonen aneinander, findet jedoch gleichermaßen Menschen, die sie fordern und fördern; und selbstverständlich wird sie bald Jugend- und Auszubildendenvertreterin im Betriebsrat.

Mehr als einmal in den vergangenen dreiundreißig Jahren glaubt die Krefelderin das Ende ihrer Karriere im Betrieb nahen, weil sie unverblümt und unbequem ist. Tatsächlich aber lernt sie Siempelkamp als Unternehmen kennen, das bemüht ist, den richtigen Einsatzort für die vielseitige Angestellte zu finden. Sie durchläuft verschiedene Stationen, probiert sich aus. „Diese Möglichkeit hätte mir nicht jeder Betrieb geboten. Wegen dieser Offenheit ist Siempelkamp für mich der perfekte Arbeitgeber – mit allen Ecken und Kanten“, unterstreicht Küsters. Einem Vorwurf, sie wisse nicht, was sie wolle, entgegnet sie: „Doch: Veränderung!“ Die Arbeit im Betriebsrat, in dem sie seit 1994 Mitglied ist, erscheint somit als eine logische Konstante. Denn hier ist sie immer wieder gefragt, den Wandel zu begleiten, den die Firma unweigerlich durchläuft. Dazu gehört unter anderem der schmerzhafte Stellenabbau vor drei Jahren; ihre Funktion im Betriebsrat hat sie nie und insbesondere in dieser Zeit nicht als reine Ausführende der Anweisungen aus der Geschäftsleitung verstanden: „Wir haben damals als Team Gegenkonzepte entwickelt, wie Stellen gerettet werden könnten.“

Als sich ihr Vorgänger 2021 zur Ruhe setzte, nahm sie die Rolle der Vorsitzenden nur widerwillig ein. „Ich stehe nicht gern im Mittelpunkt“, beschreibt sie ihre Motivation, „sondern bin lieber da, wo ich anpacken und etwas bewirken kann.“ Repräsentative Aufgaben gehören daher nicht zu ihren liebsten, wie sie freimütig gesteht. Die Arbeit mit den Kollegen und Kolleginnen in den Fertigungshallen und Büros hingegen beflügelt sie; und wenn es darum geht, etwas Neues zu lernen, das eine Verbesserung des Status quo verheißt, hebt Küsters als Erste die Hand. So erhielt sie die Chance, Teil der ersten Gruppe Siempelkamp-Mitarbeitender zu sein, die an einem Training zum Green Belt im Lean Management teilnahm. Lean Management, gibt sie zu, klang für die erfahrene Belegschaftsvertreterin zunächst nach altem Wein in neuen Schläuchen: Umstrukturierung zwecks Produktionssteigerung. Nach dem Training ist sie jedoch begeisterte Verfechterin der Geschäftsphilosophie, bei der es um eine Verschlankung aller Prozesse geht; in den Werkhallen, in denen Ordnung und Übersichtlichkeit für höhere Effizienz sorgen, ebenso wie im höchsten Management, das in einem Führungsgremium relevante Entscheidungen schneller treffen kann als in einer starren Hierarchie.

Auf einer einmal gefassten Meinung zu beharren, ist nicht Küsters‘ Art. „Stillstand ist Rückschritt“, erklärt sie, „und ohne Offenheit für Neues können wir uns nicht weiterentwickeln.“ Sie bekennt, auch gegen die Teilnahme an einer Veranstaltung der Leading Ladies in Town zunächst Vorbehalte gehabt zu haben. Sie lehnt es ab, über ihr Geschlecht definiert zu werden: „Die Stolpersteine, denen ich begegnet bin, haben mich auch zu dem gemacht, was ich heute bin.“ Ein Vortrag der Bochumer Professorin Cornelia Richter über Gleichstellung im kommunalen Kontext sowie die Erkenntnis, wie sehr Frauen eine nur an männlichen Patienten orientierte Medizin schadet, überzeugten Küsters indessen vom Wert der Arbeit des Krefelder Vereins. „Ich finde es spannender, zu machen, statt nur zu meckern“, betont sie, weshalb sie sich bald tatkräftig einbringen möchte. Den Konflikten, die bei gesellschaftlichen Wandlungsprozessen stets zu erwarten sind, wird Nicole Küsters jedenfalls nicht aus dem Weg gehen.

Über LLiT – Leading Ladies in Town

• Leading Ladies in Town Krefeld ist das Netzwerk für Förderung von Fach- und Führungsfrauen in der Krefelder Wirtschaft, Wissenschaft und Stadtgesellschaft. Sie haben sich zum Ziel gesetzt, ambitionierte Frauen am Beginn ihrer Karriere, Wiedereinsteigerinnen und etablierte Führungsfrauen aus und in Krefeld untereinander und mit interessierten Unternehmen zu vernetzen.

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Fotos: Felix Burandt
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