Als der erlösende Buzzer nach langen eineinhalb Minuten endlich ertönt, streckt Peter Hoebertz dynamisch den Arm nach vorn und schließt der energischen Bewegung gleich einen kleinen Freuden-Hechtsprung an. Mark Forster hat den Sänger bei The Voice of Germany in sein Team gevotet und nimmt ihn damit in die begehrte nächste Runde mit. In Krefeld ist Peter schon lange kein Unbekannter mehr. Warum, das zeigt er nun auch auf der großen Bühne der Castingshow vor nationalem Publikum. Hier überzeugt er nicht nur mit seiner einzigartigen Interpretation des Sea-Shantys „Wellerman“, sondern präsentiert sich auch als Sympathieträger, der immer einen flotten Spruch auf den Lippen hat und keine Scheu zeigt, den Jurystars Paroli zu bieten. Ja, Peter ist ein echter Showman, der unbedingt auf die Bühne gehört. Doch legt der The Voice-Teilnehmer das Bühnengesicht ab, ist da ein junger Mann, der seine eigene musikalische Entwicklung immer wieder hinterfragt, der sich mit Leidenschaft für bessere Lebensbedingungen in Afrika einsetzt und der vor allem Begegnungen mit Menschen braucht, um sich selbst musikalisch entfalten zu können.
Oma Käthe
„Wie geht´s euch, habt ihr gut geschlafen?“, begrüßt uns Peter mit seiner offenen, freundlichen Art, die wir bereits aus dem Fernsehen kennen. Auch rein äußerlich zeigt sich der junge Mann wie auf dem Bildschirm: Ein lässiger Hut ragt in seine Stirn und die weißen Sneakers sind frisch geputzt. Der Hülser ist inzwischen ein echter Medienprofi. Er gehört zu der Spezies Mensch, die mit jedem unkompliziert ins Gespräch kommt. Wirken viele Personen mit ähnlichen Eigenschaften aber häufig oberflächlich und unverbindlich, erscheint Peter authentisch und nahbar: Spricht er über seine musikalischen Anfänge und damit über seine Familie, verwandelt sich der professionelle Entertainer auf einmal wieder in den Jungen von nebenan. „Wenn ich an meine musikalischen Wurzeln denke, denke ich an meine Oma Käthe. Sie war begeisterte Kirchenchorsängerin und hat mit mir und meinem jüngeren Bruder schon früh viel gesungen“, erklärt er mit weicher Stimme und zeigt ein mitgebrachtes Foto, auf dem seine Oma ihn beim St.-Martins-Umzug auf dem Arm trägt. Gaben die Männer der Familie von Generation zu Generation den Vornamen weiter, vererbte Oma Käthe dem siebten Peter der Familie die Liebe zur Musik und begleitete ihn bei den ersten Schritten seiner musikalischen Reise. „Wir sangen damals natürlich hauptsächlich Kinderlieder, aber Oma Käthe zeigte mir, was Musik mit mir machen kann“, erklärt er. „Ich spürte, dass mich das Singen total berührte.“
Die Hülser Karnevalsgemeinschaft
Schon als Peter gerade laufen konnte, liebte er es, sich in Szene zu setzen. Er entdeckte früh, dass Musik und Entertainment für ihn zusammengehörten. So wunderte es niemanden aus der Familie, als er mit rund neun Jahren zum kleinen Star des Hülser Kinderkarnevals wurde: Live und inbrünstig schmetterte er Coversongs oder umgedichtete Karnevalshymnen auf der Bühne. Wie eine Droge wirkte bereits damals das Publikum auf ihn. „Wenn der Saal komplett mitsang, ging mir das durch Mark und Bein“, erzählt er. Ein weiteres Foto zeigt den rund zehnjährigen Peter mit festem Stand, den Hüftschwung angedeutet, einen Arm in die Luft gestreckt, den Mund weit aufgerissen und das Mikrofon in der Hand. War es die Lust auf Bühne, die ihn zunächst zum Karneval brachte, waren es die menschlichen Beziehungen, die ihn dort bleiben ließen. Noch heute ist er fester Teil des Hülser Sechserrats. „Das Brauchtum macht uns hier in Hüls zur Gemeinschaft“, schildert er. „Gehe ich durch Hüls, kenne ich allein durch den Karneval den halben Ort.“ Für den 31-Jährigen sagt das viel über „sein Hüls“ aus. Erzählt er von seiner Verbundenheit zu seiner Heimat, spricht er automatisch auch von Breetlook und der Trina, von der Proklamation des Prinzenpaares und von dem Zusammengehörigkeitsgefühl, das ab November jedes Jahr aufs Neue über den Krefelder Stadtteil zieht.
Groove Company
Abseits von Hüls, nämlich während seiner Zeit auf dem Horkesgath als weiterführender Schule, entdeckte Peter dann eine neue Art von Musik für sich. Als die Klassenkameraden eine Schülerband gründen wollten, fragten sie ihn, ob er sich nicht vorstellen könne, ans Mikrofon zu gehen. „Ich mochte die Leute, ich hatte Lust auf Musik, also sagte ich zu“, erklärt er grinsend. Es folgten die ersten Auftritte außerhalb des Karnevals und als mit der anstehenden Volljährigkeit Schule als Rahmen nicht mehr ausreichte, wurde aus der ehemaligen Schulband ein ernstes Projekt. Gemeinsam mit seinem ältesten Schulfreund und mit vier weiteren jungen Hobbymusikern gründete er „Groove Company“ in einem Gartenhaus in St. Tönis. Mit Blasinstrumenten, Gitarre, Bass, Schlagzeug, Backing Vocals und Peters Bühnentalent harmonierten die Jungs so gut, dass die neue Coverband schnell Fuß fasste. „Wir landeten recht zügig auf großen Bühnen“, erklärt er.
Erzählt Peter von der Groove Company, sind es auch hier die Erlebnisse mit guten Freunden, die sofort zum Thema werden. Da ist zum Beispiel der jährliche Besuch in Renesse. Als Partyband gebucht, heizen die Jungs einmal im Jahr dem Publikum der Kultkneipe „De Stulp“ ein und eskalieren dabei völlig. Peter fällt es nicht schwer, eine ganze Halle zum Tanzen zu bringen: Das Publikum feiert bis in die letzte Reihe und selbst die Saxophonisten und der Schlagzeuger gehen mit. Die Groove Company hat stets ihren eigenen Fanmob dabei, der die Band auch bis nach Renesse begleitet. Fast wie ein Heimspiel war auch ein Trip vor einigen Jahren in eine Après-Ski-Hütte nach Südtirol: Der halbe Freundeskreis schloss sich der kleinen Klassenfahrt an. Mit Freunden, Musik und einigen Kaltgetränken wurde die Nacht zum rauschhaften Erlebnis. „Das vergisst du niemals“, sagt Peter schmunzelnd.
Peters Familie
Und doch merkte der junge Mann schon wenige Jahre nach seinem Start als Sänger, dass ihm musikalisch etwas fehlte. Er liebte die Auftritte im Karneval und mit der Groove Company als Partyband, irgendwo aber war da das Gefühl, dass es noch eine tiefere, persönlichere musikalische Bestimmung für ihn geben müsse. „Jeder Sänger träumt doch davon, dass die Halle nicht nur Coversongs, sondern eben auch deine eigenen Lieder mitsingt“, sagt Peter und während er mit seinen Händen spielt, merkt der Zuhörer auf einmal Zurückhaltung in seiner Stimme. In Peters Leben gab es für eigene Songs lange Zeit keinen Raum. Immer waren andere Verpflichtungen wichtiger, andere Auftritte, auch als DJ, gerade dringender und manchmal fehlte auch einfach der Mut. „Einen Song zu schreiben, bedeutet, viel von dir preiszugeben – das hätte ich mit 23 Jahren wahrscheinlich noch gar nicht gekonnt“, sagt er. „Heute bin ich soweit. Ich möchte Geschichten erzählen.“
Mut hat Peter nicht nur auf der Bühne im Karneval oder auf Konzerten mit der Groove Company gesammelt. Mut haben Peter auch schon immer Beziehungen abseits der Bühne gegeben. Da ist zum Beispiel seine Frau Anna, der Peter vor zwei Jahren am Strand von Costa Rica einen Heiratsantrag machte. Da sind aber auch Peters jüngerer Bruder Micky und sein Vater, natürlich ebenfalls ein Peter, mit dem sich der 31-Jährige ehrenamtlich engagiert. Nachdem Micky 2014 nach einem freiwilligen Jahr aus Äthiopien und Tansania wiederkam, entschlossen sich die Hoebertz-Männer einen Verein ins Leben zu rufen, der Spendengelder zu 100 Prozent in entsprechenden Projekten ankommen lässt. 2017 finanzierte das „Project100“ die Renovierung einer Schule und den Bau eines Klassenzimmers in Tansania. 2019 bauten sie mithilfe von Spendengeldern, die Peter unter anderem durch Preisgelder bei Shows wie „Das perfekte Dinner“ einspielte, ihren ersten Brunnen in dem afrikanischen Land. Immer wieder reisten die drei Männer selbst nach Tansania, um mit anzupacken und die Gelder direkt vor Ort zu übergeben. „Wenn wir dann da abends mit Einheimischen am Feuer sitzen, gibt mir das total viel“, sagt der junge Mann mit auf einmal schwerer Stimme. „Die Reisen haben mich aber auch verändert. Ich bin fast demütig zurückgekommen. Dass wir so in Deutschland leben können, ist ein Privileg. Das sollten wir uns immer wieder vor Augen führen.“
Jost Kemmerling
Manchmal braucht es einen kleinen Schubser, um das, was man fühlt, freizulassen. So ging es Peter auch in der Musik. Denn als er vor rund zwei Jahren auf Jost Kemmerling traf, den Gitarristen der Krefelder Urgestein-Band „Morgentau“, fand er das letzte Teil, das ihm helfen sollte, sein Inneres in der Musik auszudrücken. Gemeinsam mit Jost schrieb er seine ersten eigenen Songs und traute sich, die eigene Gefühlswelt vor Publikum preiszugeben. „Es fühlt sich so an, als wäre das jetzt einfach das Ziel des langen Weges, denn ich bin total bei mir“, erklärt er. „Es ist so etwas wie ein neuer Abschnitt.“ Mit Jost baute der Sänger auch seine ruhige Seite weiter aus: Die beiden Vollblutmusiker singen in Harmonien, erzählen über die Musik Geschichten und ziehen so das Publikum in ihren Bann. „Heute weiß ich, dass ich all diese Seiten von Musik brauche“, schildert Peter. „Der Karneval, die Groove Company, Jost, aber auch meine eigenen Songs gehören als Musiker zu mir. Das alles macht mich erst vollständig.“
Mark Forster
Wer Peters Geschichte kennt, versteht auch, dass Mark Forsters Buzzer eine tiefere, viel größere Bedeutung für ihn haben muss. Der Buzzer bestätigt nicht nur das Weiterkommen in einem Wettbewerb, er markiert das Ziel einer langen musikalischen und persönlichen Reise. Der Musiker wünscht sich von The Voice of Germany, dass er mit seiner eigenen Kunst eine breitere Plattform erreicht. Dass sich das Publikum für ihn als Entertainer, aber auch für ihn als Singer-Songwriter öffnet. Dass Menschen Lust darauf haben, seine Geschichten zu hören. „Ich habe ja immer wieder bei TV-Shows mitgemacht, aber nie hat eine Sendung mir so sehr entsprochen und mir so viel bedeutet“, erklärt er und berührt den Hut auf seinem Kopf. „The Voice fühlt sich jetzt gerade genau richtig an.“
Neuigkeiten zu Peters Weg bei The Voice of Germany und zu anderen Projekten finden Sie bei Instagram auf dem Account peter_hoebertz sowie bei Facebook unter seinem Namen.