Mehr als ein Jahrhundert begleiten die grün-weiß gekleideten Gardisten den Krefelder Karnevalsprinzen. Dabei haben sie alle Höhen und Tiefen der Geschichte mitgemacht, Kriege und Verbote überlebt und sich immer wieder neu erfunden. In der Zeit nach der Jahrtausendwende haben die Verantwortlichen der Prinzengarde eine sehr erfolgreiche Aufbauarbeit geleistet, sodass sie heute personell und organisatorisch so gut dasteht wie lange nicht, und mit Elan in die 111. Session starten kann. Was das für die aktiven Gardisten bedeutet, soll ein historisches, aber immer noch aktuelles Zitat belegen.
„Viele Opfer an Zeit und Geld haben die Männer der Prinzengarde in allen Jahren gebracht. Uneigennützig haben sie dem schönen Volksfest Karneval gedient. In mancher kalten Nacht sind sie mit ihrer Regimentstochter und dem Prinzen von Veranstaltung zu Veranstaltung gefahren und haben mitgeholfen, die fröhliche Stimmung zu steigern und das bunte Bild zu erhöhen. Man darf ihnen bei ihrem Jubiläum dafür schon Dank sagen!“
71 Jahre alt ist dieses Zitat bereits, doch stimmt es immer noch wie damals, anlässlich des 40-jährigen Jubiläums im Jahr 1954. Denn die Hauptaufgabe einer Prinzengarde ist nach wie vor, ihren Prinzen bei der Vielzahl der Anlässe zu begleiten, die in so einer närrischen Session so anfallen. Was aufgrund der relativen Kürze der fünften Jahreszeit zu einem dicht gedrängten Terminkalender führen kann.
Dass dies nicht nur eine „saure Pflicht“ ist, belegt ein Zitat aus dem Jahr 1984: „Seit seiner Gründung hat das aktive Corps der Prinzengarde die Tollitäten bei insgesamt 8.735 Aufzügen eskortiert. Dabei haben die Offiziere 38.664 Gläser Alt und 24.669 Stuffkamp getrunken. Nach dem Verzehr von 83.614 Rollmöpsen wurden am Morgen danach genau 24.663 Kopfschmerztabletten geschluckt.” Inzwischen, weitere 41 Jahre später, dürfte noch eine deutliche Zahl an „Aufzügen“ dazugekommen sein. Wahrscheinlich wird heute mehr Pils als Alt konsumiert, und von den autofahrenden Gardisten auch durchaus Alkoholfreies. Ob der Kräuterbitter „Stuffkamp“ heute immer noch so viele Freunde findet, entzieht sich unserer Kenntnis.
Narrenspiel zur Kaiserzeit
Gegründet wurde die Prinzengarde der Stadt Krefeld am 2. Januar 1914 durch die Initiative des Krefelder Kaufmanns Richard Vogel, der in dieser letzten Session vor dem Ersten Weltkrieg selbst das Prinzenamt innehatte und wusste, dass die „Tollität“ dringend eine Begleitgarde benötigte. Eine Prinzessin gab es zu dieser Zeit noch nicht, und die Begleittruppe des Prinzen wurde bis dahin jedes Jahr neu zusammengestellt. Die Schirmherrschaft über die närrische Garde übernahm der „echte General“ Freiherr von Gillhausen, Kommandeur des II. Westfälischen Husarenregiments Nr. 11 – auch als Krefelder Tanzhusaren bekannt. Da wundert es nicht, dass die Ursprungsuniform der Krefelder Prinzengarde sich an der soldatischen Tracht der Husaren orientierte.
Kurzes Aufatmen in den „Goldenen Zwanzigern“
Nur ein paar Monate nach Ende der äußerst erfolgreichen Session 1914 begann der erste Weltkrieg. Für närrische Umzüge gab es nun keinen Platz mehr. Die Uniformen wurden feldgrau. Aus dem fröhlichen Soldatenspiel wurde blutiger Ernst. Auch das zehnjährige Gründungsjubiläum der Prinzengarde konnte nicht gefeiert werden. Die alliierte Besatzungsmacht hatte den Karneval verboten. Erst im Januar 1926 konnte wieder ein Prinzengardeball stattfinden. Leider dauerte die karnevalistische Freude wiederum nicht lange. Nur sieben Jahre später kamen die Nationalsozialisten an die Macht, die den Karneval zwar nicht verboten, die Jecken aber zwangen, sich ihren politischen Vorgaben unterzuordnen. Und ab 1939 brach der Krieg erneut auch über Krefeld herein, und das jecke Leben kam wieder zum Erliegen.
Lasst uns wieder fröhlich sein
Das 40-jährige Jubiläum der Prinzengarde im Jahr 1954 fiel zum Glück wieder in eine Friedenszeit. Aus diesem Jahr stammt das Zitat über den großen Einsatz an Zeit und Geld für Prinz und Karneval. Zehn Jahre später zählte die Prinzengarde 140 Mitglieder, und dem Prinzen war bereits ein weibliches Pendant zugeordnet. So ging es fröhlich weiter durch die 60er- bis in die 80er-Jahre, in denen das 70. Jubiläum besonders groß gefeiert wurde. Dazu kam in diesem Jahr auch der Prinz aus den Reihen der Garde. Am 21. Januar 1984 wurde gleich doppelt gefeiert – morgens in der Burg Linn und abends im Seidenweberhaus, wo Sitzungspräsident Jupp Konnes besagte Statistik über den Konsum der Prinzengardisten zum Besten gab. Bemerkenswert am 70. war auch, dass sich Prinz Karl-Heinz II. mit seiner Lieblichkeit und dem gesamten Hofstaat hoch zu Ross ablichten ließ.
Auf ins neue Jahrtausend
Das Jahr 1989 ist vor allem durch den Fall der Berliner Mauer im Gedächtnis geblieben. Im fernen Krefeld wurde in diesem Jahr zum ersten Mal das närrische Steckenpferd verliehen, und zwar an den damaligen FDP-Politiker und Bundesbildungsminister Jürgen Möllemann. Ins Leben gerufen wurde die Veranstaltung vom Prinzengarde-Präsidenten Rainer Küsters, der sich bis zu seinem Ausscheiden aus dem Amt im Jahr 2016 sehr um das Fortbestehen der Prinzengarde verdient gemacht hatte. Zugleich war die Jubiläumsveranstaltung zum 75.-Jährigen ein besonderes Fest: Von der befreundeten Prinzengarde Duisburg wurde eine Torte mit 75 Kerzen überreicht und am Rosenmontagszug nahm die Krefelder Prinzengarde mit der 290-köpfigen Abordnung inklusive zweier Spielmanns- und Musikzügen, 45 Pferden, sechs Wagen, einer Kutsche und zwei Geschützen teil.
Im Jahre 2002 wurde die Prinzengarde umfänglich reformiert. Die bisherigen drei Corps wurden zu einem homogenen Ganzen verschmolzen und der Senat als wirtschaftliches Rückgrat der Garde ins Leben gerufen. In den folgenden Jahrzehnten entstammten immer wieder Krefelder Prinzenpaare der Garde, wie zuletzt Dirk I. (Mosinski) im Jahr 2020. Ein rauschendes Fest war auch das 100-Jährige im Januar 2014. 500 Gäste aus Krefeld und der gesamten karnevalistischen Region von Duisburg bis Köln bevölkerten das Stadttheater. Den emotionalen Abschluss der Jahrhundertfeier bildete das „Hauslied“ der Prinzengarde „Adieu mein kleiner Gardeoffizier“.
Weiter geht’s – mit Hindernissen
Der Start in die 2020er-Jahre konnte auch aus Sicht der Prinzengarde nicht als „golden“ bezeichnet werden. Sämtliche Veranstaltungen der Krefelder Jecken fielen der Corona-Pandemie zum Opfer und der rheinische Frohsinn legte eine unfreiwillige Pause ein. Das Prinzengarde-Magazin „Kurier“ und den Orden der aktuellen Session holten sich die Mitglieder in einem „Drive-In“ am Zeughaus ab. Dank der vom aktuellen Präsidenten Christian Cosman forcierten Digitalisierung der Mitgliederverwaltung konnten ansonsten viele Abläufe kontaktlos stattfinden. Zum Glück ist die Pandemie inzwischen Geschichte, sodass die Prinzengarde und alle Krefelder Jecken sich jetzt auf eine phänomenale Jubiläumssession zum 111. freuen können.
Termine der Prinzengarde in der 111. Session
14. Januar
Verleihung des närrischen Steckenpferdes
9:30 Uhr
Seidenweberhaus
17. Januar
Jubiläumsempfang 111 Jahre Prinzengarde
19 Uhr
Stadtwaldhaus
20. Februar
61. Herrenabend
20 Uhr
Stadtwaldhaus
28. Februar
Karnevalsparty im Zeughaus
20 Uhr
Zeughaus der Prinzengarde
4. März
Karnevalistischer Großer Zapfenstreich und Verabschiedung des Hoppediz
19 Uhr
Zeughaus der Prinzengarde
Fotos: Felix Burandt