In vielen Arztserien sind die Chirurgen oft arrogant, selten teamfähig und fast immer männlich. Aber wie sieht es eigentlich im echten Leben aus? Wir besuchten die neue Chefärztin im Alexianer Krankenhaus Maria-Hilf, um hinter die Kulissen der Allgemein-, Viszeral- und Endokrinen Chirurgie zu schauen. Diese Abteilung ist spezialisiert auf die Behandlung von gut- und bösartigen Erkrankungen des Verdauungssystems, wie Magen und Darm, Leber, Galle und Bauchspeicheldrüse – und sie hat in Prof. Dr. Feride Kröpil eine erfahrene Leiterin gefunden, die auf personalisierte Medizin, Empathie im Umgang mit den Patienten und vor allem Teamwork setzt. Ein Spoiler vorweg: „Dr. House“ kann einpacken!
„Ich habe meine Entscheidung nie bereut, in die Chirurgie zu gehen“, blickt Prof. Dr. Feride Kröpil mit einem dezenten Lächeln auf 20 Jahre in einer vermeintlichen Männerdomäne zurück. „Sie ist so vielseitig wie die Menschen, und ich komme jeden Tag zufrieden zur Arbeit.“ Dass an diesem Vormittag schon einige Termine hinter ihr liegen, darunter Visiten auf den Stationen, Nachtübergaben mit den Kollegen aus der Gefäß- und Unfallchirurgie sowie eine kurze OP unter örtlicher Betäubung, merkt man der zierlichen Chefärztin nicht an. Sehr aufrecht steht die 49-Jährige vor uns und strahlt eine Ruhe aus, als habe sie mindestens eine Joggingrunde und zwei Yogaeinheiten absolviert. Habe sie nicht, wie sie lachend verneint, obwohl sie gern Sport mache, aber doch lieber nach Feierabend oder am Wochenende. Und während wir nebenbei klären, dass die Assistenzärzte und das Pflegepersonal auch fotografiert werden sollen – „ein Chirurg ohne Team ist ja nichts“ – führt sie uns sensibel in die Aspekte ein, die unsere Gesundheit und das Entstehen von Krankheiten beeinflussen können: „Die Gene spielen nur eine untergeordnete Rolle, viel wichtiger sind epigenetische Faktoren wie Ernährung, Bewegung und Laster wie Rauchen oder Alkoholkonsum. Ich freue mich, dass wir hier über gute Strukturen verfügen, um bei Bedarf unsere Hilfe anzubieten.“ So gebe es eine große psychiatrische Abteilung im Haus, während beispielsweise eine Psychoonkologin dabei unterstütze, mit einer Krebsdiagnose umzugehen.
Zusammenarbeit, Austausch und Wissenstransfer liegen Prof. Dr. Kröpil spürbar am Herzen, schon am Klinikum der Heinrich-Heine-Universität in Düsseldorf hatte sie sich in der Lehre und Ausbildung angehender Ärzte engagiert und für medizinische Netzwerke stark gemacht. In Krefeld will sie vorhandene Strukturen weiterentwickeln sowie die Zusammenarbeit mit Hausärzten und niedergelassenen Ärzten intensivieren, damit Patienten noch schneller einen Termin bekommen. „Dort wird bereits bei der Ersteinschätzung, aber genauso bei der Mitbehandlung und Nachsorge unschätzbar gute Arbeit geleistet“, lobt die ärztliche Klinikleiterin. Ein großes Ziel sei, das Zentrum für Viszeralmedizin gemeinsam mit dem Chef der Klinik für Onkologie und Gastroenterologie, Dr. Stefan Pluntke, voranzubringen. Das Team weiß: „Eine Krebserkrankung ist komplex und genauso komplex sind die Befunde und Behandlungsstrategien. Der medizinische Fortschritt ermöglicht mittlerweile Behandlungen, die zu viel besseren Ergebnissen und Prognosen führen als noch vor einigen Jahren. Eine Voraussetzung ist, dass die Strategie individuell und bestmöglich auf die jeweilige Situation des Patienten angepasst wird – angefangen bei Alter und sozialem Umfeld über Vorerkrankungen bis zur Belastbarkeit. Das kann die Medizin nur leisten, wenn die hochspezialisierten Fachleute eng zusammenarbeiten.“ Und im Gegensatz zu den in Fernsehserien oft gezeigten Klischees tun sie das auch, bekräftigt die Professorin.
Aufgewachsen in Wolfsburg, zog es Feride Kröpil nach dem Abitur nach Köln, um „irgendetwas mit Medien“ zu machen. Tatsächlich wurde aus dem ursprünglichen Plan ein Freiwilliges Soziales Jahr in den Riehler Heimstätten – und es folgte ein Richtungswechsel hin zu „lieber mit Menschen und viel Verantwortung“, erinnert sich die Ärztin schmunzelnd. Sie entschied sich für ein Studium der Humanmedizin in Köln, wo sie 2006 promoviert wurde. Schon im Präparierkurs sei sie von einem Tumor zwischen Speiseröhre und Lunge so fasziniert gewesen, dass sie wusste: „Ich will nicht nur Ärztin, sondern Chirurgin werden.“ Die Tumorforschung wurde ihre Leidenschaft, und der vielseitige Beruf begeistert sie bis heute, weil er eine „spannende und herausfordernde Tätigkeit“ biete, in der sie erlerntes Fachwissen zum Wohle der ihr anvertrauten Patienten einsetzen könne. Ihr Motto lautet: „Zuhören, Verstehen, Behandeln.“ Tiefe Erfüllung findet sie vor allem in der Überbringung guter Nachrichten, wenn sie nach einer Operation ihren Lieblingssatz äußern kann: „Der Tumor konnte vollständig entfernt werden.“ Aber auch wenn dies nicht immer der Fall sei, gäbe es Optionen für weitere Therapien, macht die empathische Chefärztin Hoffnung. Mit schlanken Fingern greift sie in das Bonbonglas vor ihr und schnappt sich eine von Schokolade umhüllte Espressobohne. Wie war das vorhin noch mit dem Vortrag über gesundheitsschädliche Lebensmittel wie Zucker? Wie schön, dass auch Ärzte nur Menschen sind – und so selten Ähnlichkeit mit den Serienfiguren aus „Emergency Room“ oder „Grey’s Anatomy“ haben.
Alexianer Krankenhaus Maria-Hilf Krefeld
Allgemein-, Viszeral- und Endokrine Chirurgie
Dießemer Bruch 81
47805 Krefeld
Sekretariat: 02151 – 334-2391
Termine Schwerpunkt Koloproktologie: 02151 – 334-5376
alexianer-krefeld.de
Fotos: Felix Burandt