Klinik Königshof

Eine Sache der Gefühle

„Ein Indianer kennt keinen Schmerz“ oder „Jungs weinen nicht“. Immer wieder bekommen Kinder solche Sätze eingetrichtert — und was passiert? Sie unterdrücken ihre Gefühle. Schmerzen oder Sorgen werden verschwiegen und geweint wird sowieso schon mal gar nicht. Dabei haben alle Emotionen eine Berechtigung – und zeigen uns an, welche Bedürfnisse hinter ihnen stecken.

In der Praxis erleben wir es oft, dass Patient*innen zu uns kommen und bestimmte Emotionen nicht mehr fühlen möchten. „Die Angst soll weggehen“ ist zum Beispiel ein Satz, der oft fällt. Dabei ist jene Angst ein Gefühl, das uns zeigt, dass etwas bei uns nicht stimmt, denn jedes Gefühl hat seine Funktion. Auch wenn es schwerfällt, negative Gefühle zuzulassen und auszuhalten, ist es genauso wichtig wie das Empfinden von positiven Gefühlen.

Oftmals können wir unsere Emotionen auch körperlich fühlen: Wenn wir Angst haben, zittern wir oder haben eine Gänsehaut. Wenn wir wütend sind, fühlen wir einen Druck in der Magengegend, und Freude kann dazu führen, dass wir ein Bauchkribbeln spüren. Durch diese körperlichen Reaktionen gepaart mit den Gefühlen, bekommen wir eine schnelle Einschätzung unserer Ist-Situation. Sie sind im Prinzip wie eine Art Warnlämpchen am Auto und zeigen uns, wie es uns gerade geht, was uns fehlt oder was wir brauchen.

Manchmal passiert es aber auch, dass wir zu starke Gefühle in einer Situation haben, in der es nicht notwendig ist. Bin ich zum Beispiel überängstlich oder bekomme in Situationen, die nicht bedrohlich sind, Panik, steckt oftmals ein Krankheitsbild dahinter, das behandelt werden kann.

Unsere Emotionen basieren zudem auch auf Erfahrungen, die wir im Leben gemacht haben. Starke Emotionen wie zum Beispiel die Angst nach einem Hundebiss bleiben lange im Gedächtnis verankert und wir müssen durch korrigierendes Verhalten erst eine andere Erfahrung machen, um zu lernen, dass die Angst in der Situation vielleicht zu stark ist.

Interessant wird es, wenn wir uns die Emotionen genauer anschauen und anfangen, uns damit zu beschäftigen. Kennen Sie den Film „Alles steht Kopf“? Hier wird das Zusammenspiel der Emotionen auf sehr anschauliche Weise dargestellt und wir können verstehen, dass es primäre und sekundäre Emotionen gibt. Oftmals kommen Patient*innen zu uns, die häufig Wut, etwa nach abgesagten Treffen, empfinden. Oft ist dies aber die sekundäre Emotion, die primäre ist meist Traurigkeit über die Zurückweisung, da das Bedürfnis nach Kontakt und Bindung enttäuscht worden ist. Es lohnt sich also, sich genauer mit seinen Emotionen auseinanderzusetzen und zu reflektieren, was eigentlich wirklich gerade Sache mit den Gefühlen ist: Was hätte ich in der Situation gebraucht, um mich besser zu fühlen?

Ich wünsche Ihnen eine gefühlvolle Zeit,
Ihre Kim Schlangenotto

Klinik Königshof
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Foto: Luis Nelsen
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