
Blaues Licht, rote Jacken und irgendwas mit Wasser – so plakativ könnte man die ehrenamtliche Arbeit der Wasserretter vom DRK beschreiben. Wie vielseitig das Team um Leiter Christian Reuter tatsächlich eingesetzt wird, erfuhren wir im neuen Logistikzentrum für den Katastrophenschutz. Ob Elfrather See, Freibad oder Rhein – wenn Menschen in Not geraten, ist die Krefelder Wasserwacht mit Rettungsschwimmern, Booten und einem Rescue Water Craft (RWC) zur Stelle. Auch bei Hochwasser, Unwettern und Großveranstaltungen leisten die Helfer medizinische Erstversorgung und bringen Menschen in Sicherheit. Muss man unbedingt schwimmen können? Jein! Ein Gespräch über Gemeinschaft, Dankbarkeit und Suppe.
Damit das klar ist: Der Zusammenhang von Teamgeist und Verpflegung sollte niemals unterschätzt werden. Und so hat Christian Reuter, Leiter der Krefelder Wasserwacht, nicht nur seine Stellvertreterin Christiane Vieth zum Interview mitgebracht, sondern führt uns auch direkt in die moderne Einsatzküche. „Katastrophenschutz fängt schon bei der Versorgung der Einsatzkräfte mit Essen und Trinken bei Schadenslagen an. Wir kümmern uns darum“, sagt der gebürtige Hülser und weist nicht ohne Stolz auf lange Metallregale, die prall gefüllt sind mit riesigen Reissäcken, Dosen mit Gulaschsuppe und XXL-Packungen voller Schokoriegel. „Erbsensuppe gibt es hier nicht“, macht Reuter deutlich, denn Bauchschmerzen oder Blähungen könne man nicht gebrauchen, wenn es um sekundenschnelle Entscheidungen am oder im Wasser gehe.
Was vielleicht flapsig klingen mag, hat einen ernsten Hintergrund: In 37 Jahren beim Deutschen Roten Kreuz hat Christian Reuter selbst schon viele dramatische, schöne und auch belastende Situationen erlebt, wie wir später erfahren werden. Das Wohlergehen der fast 90 kleinen und großen Aktiven liegt ihm entsprechend am Herzen.„DRK und Wasserwacht, das ist eine Teamgeschichte. Es ist nicht mein Naturell, allein dazustehen.“ Das wäre als Einzelperson auch gar nicht zu schaffen, denn das Spektrum der Einsätze ist breit gefächert: Mitglieder der Organisation waren bei der vermuteten Amoklage am Cinemaxx oder bei Bombenentschärfungen präsent, auch große Veranstaltungen wie Sprödentalkirmes, Flachsmarkt, Rosenmontagszug und Sportmeisterschaften sind ohne Hilfe undenkbar. „Insgesamt wurden 2024 gut 26.000 Dienststunden im Ehrenamt geleistet“, gab der DRK-Kreisvorsitzende Dieter Thelen Anfang des Jahres bekannt. Eine bemerkenswerte Zahl.

Noch mehr beeindrucken die Bescheidenheit und Menschenkenntnis, die das Leitungsduo immer wieder durchscheinen lässt. Beide weisen viele Jahrzehnte im Ehrenamt auf und schätzen die „vielen Challenges“, die zur persönlichen Weiterentwicklung beitragen. Christian Reuter lässt uns einen Blick in das Dienstbuch werfen und taucht in seine Jugend ein: „Am 1. November 1988 bin ich als Helfer beim DRK eingetreten, da war ich 16 Jahre alt. Ein Freund hatte mich zum Rettungsschwimmen ins Stadtbad an der Neusser Straße mitgenommen.“ Die Faszination Wasser und das große Gemeinschaftsgefühl sollten den heute 53-Jährigen nicht mehr loslassen, auch wenn der Einstieg schwierig war, wie er sich mit leicht kratziger Stimme erinnert. „Mein Vater wollte das nicht, weil ich seiner Meinung nach noch nie etwas vernünftig zu Ende gebracht habe. Aber ich habe es durchgezogen und soziales Verhalten gelernt. Das hat mein Leben verändert.“ Rasch folgen Stationen als Truppführer und Gruppenführer, bis der gelernte Landschaftsgärtner sich 1993 „breitschlagen“ lässt, die Leitung der Wasserwacht zu übernehmen. Er ist – bis auf eine kurze Unterbrechung von drei Monaten – bis heute auf dieser Position geblieben, wird alle drei Jahre neu gewählt und zeigt sich sichtlich angetan von der positiven Entwicklung: „Wir waren fünf Aktive im Jahr 1993, hatten kein Auto und nur ein altes Boot – inzwischen sind wir mit 43 Erwachsenen, 45 Kindern und Jugendlichen und einem beachtlichen Fuhrpark eine der stärksten Einheiten beim DRK.“ Auf die Frage, ob man denn schwimmen können müsste, liefert er die freundlich-trockene Antwort „Jein!“ und eine Erklärung. „Wenn jemand in Not gerät, springen ja nicht alle Helfer ins Wasser. Doch wasseraffin sollte man schon sein. In der Jugendabteilung zieht das Schwimmtraining sehr, aktuell gibt es einen Aufnahmestopp.“
Die seit über 15 Jahren intensiv umgesetzte Jugendarbeit unter Leitung von Birgit Duhr trage gute Früchte, freut sich nicht nur Christiane Vieth. Von den kleinen Kids, die früh schwimmen und retten gelernt haben, sind mittlerweile sieben als volljährige Einsatzkräfte bei der Wasserwacht aktiv. Das sogenannte Schulbus-Projekt erleichtert den Übergang zu den Erwachsenen, so dürfen die Kinder der Jugendgruppe „Wasserwichtel“ von Anfang an das Material und die Boote der Großen ausprobieren. „Wenn die Kleinen Dienstkleidung tragen, wachsen sie sofort um 15 Zentimeter“, berichtet Christian Reuter freudestrahlend. „Die sind Feuer und Flamme und haben richtig Bock auf Rettungsdienst und blaue Lampen!“ Bei dieser Aussicht könne die fundierte Ausbildung der Standardhelfer wahrlich nicht abschrecken, wirft seine Kollegin ein. „Unsere kostenfreien Kurse wie ‚Erste Hilfe‘ oder ‚Verhalten in Krisensituationen‘ sind insgesamt auf zwei Jahre ausgelegt und daher gut vereinbar mit Beruf und Familie.“ Auch die Dienstkleidung im Wert von gut 600 Euro werde gestellt. Überhaupt sei man beim DRK off en für die individuellen Fähigkeiten der Ehrenamtler: Wer gern koche, sei genauso willkommen wie technikaffine Menschen, die als Drohnenpiloten die Personensuche auf Wasser unterstützen wollen.

Als Lohn für viele Stunden im Ehrenamt winkten „überwiegend schöne“ Erlebnisse und tiefe Dankbarkeit, erinnert sich Christian Reuter: „Eltern bedanken sich häufig für unser Engagement in der Jugendarbeit, auch an die Kooperation mit einer Hebamme und das Babywickelzelt beim Flachsmarkt denke ich gern zurück. Selbst wenn wir auf der Kirmes nur ein Pflaster aufkleben, hören wir meistens ein Dankeschön.“ Die familiäre Atmosphäre bei der Wasserwacht und das gemeinsame Essen trösteten rasch darüber hinweg, wenn Familien die Gefahren des Badens im Rhein massiv unterschätzten oder das Smartphone wichtiger sei als die elterliche Aufsicht im Schwimmbad. Ein ehrlich erstauntes „Alter Schwede“ entfährt dem geübten Wasserretter, bevor er von der Europameisterschaft im Rudern schwärmt, die vor gut zwei Jahren am Elfrather See stattfand. Das Ergebnis: 149 Helfer im Einsatz, 1.500 geleistete Stunden an vier Tagen und ein professionelles Lob des Weltsicherheitsbeauftragten: „Ihr macht einen echt geilen Job!“ So ein Feedback gebe Kraft für Momente, in denen Menschen trotz aller Anstrengungen nicht gerettet werden könnten. Dass sich das Hochwasser an der Ahr tief ins Gedächtnis der Wasserwacht eingegraben hat, merken wir beim Rundgang durch das über 2.000 Quadratmeter große Logistikzentrum. Es geht zunächst vorbei an einem modernen Rescue Water Craft (RWC), das ohne Schraube über einen Wasserstrahl arbeitet. „Das hat den Vorteil, dass ein Mensch, den wir aus dem Wasser bergen, sowie andere Schwimmer, an denen wir eventuell vorbeimüssen, nicht gefährdet werden“, so Christian Reuter sachlich. Als wir neugierig nach der Kapazität eines Rettungsboots fragen, nennt der Leiter der Wasserwacht keine Zahl: „Nachdem wir gesehen haben, wie schnell ein ganzes Haus in den Fluten verschwindet, würde ich das Boot einfach voll machen.“ Nur kurz verdunkeln sich seine Augen. Bei jedem Wetterbericht, der Großregen ansagt wie neulich in Bayern, stehe die Mannschaft bereit – „sie wollen helfen, und sie können das!“ Mehr Worte braucht es nicht, um zu verstehen, wie wertvoll ihre Arbeit ist.
Wer jetzt auch für Sicherheit am Wasser sorgen möchte, wende sich einfach per Mail an wasserwacht@drk-krefeld.de. Geübt wird jeden ersten und dritten Freitag in Hüls, das Schwimmtraining findet in Bockum statt.
Fotos: Felix Burandt

