Ladies' League

Frauenpower in Krefeld

Clarissa Kautz, American-Football-Spielerin bei den Krefeld Ravens und im deutschen Nationalteam

Ausgerechnet der Fußballverband Niederrhein setzte das Beispiel, dem der DFB am 30. Juni 1955 folgte: Es wurde Vereinen untersagt, Frauen-Abteilungen zu gründen oder aufzunehmen sowie Plätze oder Schiedsrichter für die Spiele der Frauen zu stellen. Das zweite Verbot des Frauenfußballs in Deutschland nach 1926 sollte bis ins Jahr 1970 gelten, infolgedessen galt Frauenfußball noch lange als Nischensportart, die den Durchschnittszuschauer nicht interessierte. Von dieser mangelnden Sichtbarkeit sind Frauen-Teams von Randsportarten in doppeltem Maß betroffen; in Krefeld haben sich deshalb disziplinübergreifend Sportlerinnen im Netzwerk Ladies‘ League zusammengetan, um Frauensport mehr Sichtbarkeit und Anerkennung zu verschaffen.

„Wir sehen zumindest beim Fußball seit dem Weltmeistertitel 2003 eine positive Entwicklung in der öffentlichen Wahrnehmung“, räumt Clarissa Kautz ein, „und wir setzen uns dafür ein, dass die vielen erfolgreichen Randsportarten hier in Krefeld nachziehen.“ Die American-Football-Spielerin, die seit September auch im deutschen Nationalteam spielt, ist eine der Mitbegründerinnen des Netzwerks, das Jens Sattler, Geschäftsführer des Stadtsportbundes, vor einem Jahr ins Leben gerufen hat. Einmal im Monat kommen sie regelmäßig in verschiedenen Konstellationen zusammen. „Inspiriert wurden wir durch das Netzwerk Leading Ladies in Town“, erinnert sich Sattler, „das uns von Anfang an auch sehr eng begleitet hat.“ Die Mitbegründerinnen Fabienne Zilken, Handballspielerin bei Adler Königshof, und Michaela Dressler, Abteilungsleiterin der Dolphins Cheer, Dance und Akrobatik des Sportclub Krefeld 05, sind an diesem Abend nicht anwesend. Die Bandbreite des Krefelder Frauensport-Angebotes ist mit den sechs heutigen Teilnehmerinnen dennoch gut abgebildet, befindet Sattler: „Nur die Wasserballerinnen des Uerdinger SV und des CHTC sind dieses Mal nicht hier!“

Jens Sattler, Geschäftsführer des Stadtsportbundes

So unterschiedlich die Sportarten und die Charaktere sind, zeichnen sich im angeregten Gespräch doch gemeinsame Themen ab, wie etwa Sponsorengelder und deren Verteilung. So sind Marie Schall und Patricia Scicolone, Handballerinnen bei Adler Königshof, in diesem Jahr glücklich über Trikots, die zum ersten Mal qualitativ denen der Herren gleichen. „Ich finde es wichtig, diese schrittweisen Verbesserungen wahrzunehmen“, betont Schall. Linda Görtges von den Dolphins berichtet hingegen von den maßgeblichen Ausgaben, die die international erfolgreichen Cheerleader zumeistselbst aufbringen müssen; aus öffentlichen Auftritten oder durch private Spenden kommen nur kleine Beträge zusammen. Von der Unterstützung durch Familie und Freunde berichten auch Marie Weiß, ebenfalls Mitbegründerin des Netzwerks, und ihre Teamkollegin Lisa Brux von den Bockumer Bulldogs. Die Skatehockey-Spielerinnen kennen die Lage ihres Vereins und möchten sich nicht beschweren. „Die Gelder werden bei uns gerecht verteilt“, unterstreicht Weiß, „aber wir Frauen sind deutsche Meisterinnen, Pokal- und Europapokalsiegerinnen geworden! Von diesem Erfolg spürt der Verein leider noch nichts.“ Sponsoren argumentieren oft mit der mangelnden Sichtbarkeit, die jedoch auf genau diese fehlende Unterstützung zurückgeht. „Dabei wäre es in der heutigen Zeit ein deutliches Signal der Wertschätzung gegenüber den Leistungen im Frauensport“, hebt Jens Sattler hervor, „und eine Chance auf bundesweite Reichweite für mutige, innovative Unternehmen aus Krefeld.“

Unter dem Motto ‚Inspire. Empower. Lead.‘ hat sich die Ladies‘ League deshalb zum Ziel gesetzt, diese Sichtbarkeit aus eigener Kraft zu steigern. „Wir besuchen unsere Spiele gegenseitig“, erklärt Clarissa Kautz, „das macht schon einen erheblichen Unterschied, wenn da auf einmal ein ganzes Handballteam an der Seitenlinie jubelt.“ Ebenso folgen sich die Teams gegenseitig in den Sozialen Netzwerken, in denen die Spielerinnen verstärkt für mehr Präsenz aktiv sind. Doch nicht nur in den virtuellen Raum wollen die Netzwerkerinnen das solidarische Miteinander vom Sportplatz übertragen. „Die Ladies‘ League ist ein Safe Space für Mädchen und Frauen im Sport“, macht Clarissa Kautz deutlich, „eine Gemeinschaft, die sich respektvoll miteinander austauscht und füreinander stark macht.“ Neben Netzwerkveranstaltungen steht daher auch der Ausbau externer Kontakte in der Zielformulierung der Liga, um Aufmerksamkeit zu gewinnen und Kooperationen zu fördern. In ihren monatlichen Treffen tragen sie Ideen zusammen und besprechen Strategien, vor allem aber stärkt die Gruppe der Einzelnen den Rücken, sich nicht mit dem Status quo zufriedenzugeben.

Denn über eines sind sich die Anwesenden einig: Weibliche Bescheidenheit bringt nicht voran. „Wir müssen die Hemmung verlieren, klare Worte zu äußern“, konstatiert Marie Schall, macht sich allerdings keine Illusion von raschem Wandel: „Ich glaube nicht, dass ich in meiner Sportkarriere noch eine volle Gleichstellung erlebe.“ Jens Sattler schätzt ihren Realismus, äußert sein Unverständnis hingegen deutlich. „Es ist schwer zu fassen“, schüttelt er den Kopf, „dass wir immer noch über Geschlechtergerechtigkeit diskutieren müssen – im Jahr 2025.“ Dabei, erinnert er, haben andere europäische Länder bereits große Sprünge geschafft. Schon 2017 führte das norwegische Fußball-Nationalteam Equal Pay ein: Die Herren verzichteten auf einen Teil ihrer Gehälter, sodass die Frauen gleichziehen konnten – auf dem Platz hatten die Fußballerinnen tatsächlich schon immer besser abgeschnitten.

Marie Weiß, Skatehockey-Spielerin bei den Bockum Bulldogs
Lisa Brux, Skatehockey-Spielerin bei den Bockum Bulldogs
Patricia Scicolone, Handballerin bei Adler Königshof
Linda Görtges, Coach bei den Dolphins Cheer, Dance & Akrobatik
Marie Schall, Handballspielerin bei Adler Königshof
Fotos: Lucas Coersten

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