
Egal wo der Blick momentan hinwandert, alles blüht! Im heimischen Garten strecken zahlreiche Blüten ihre Köpfe zur Sonne – doch die Aussicht auf tägliches Gießen vermiest oftmals die Freude über die Farbenvielfalt. Dabei ist das gar nicht unbedingt notwendig. Wie ein Garten ein wahres Paradies für Bienen wird – und das sogar ohne den täglichen Gießmarathon, weiß Petra Kühn, der Blütendoktor.
Die Lust, etwas mit den eigenen Händen zu machen, liegt der 52-Jährigen tief im Blut. Nach ihrem Medizinstudium arbeitete die Moerserin über 25 Jahre als spezialisierte Bauch-Chirurgin am Krankenhaus Maria-Hilf. Immer nach Zeitplan. Immer in Eile: „Mein Leben lief durchgetaktet auf die Minute genau ab, Freunde und Freizeit blieben auf der Strecke und irgendwann habe ich mich gefragt, ob es das wirklich ist“, erinnert sich Kühn. Durch eine Operation an der Hüfte musste die Chirurgin pausieren und setzte sich mit Meditation auseinander: „Irgendwie hatte ich dann ein Bild von einem sehr alten Haus mit einem Hund davor vor Augen“, erzählt Petra Kühn. Damals lebte sie noch in einer Dachgeschosswohnung in Düsseldorf. Weit weg vom eigenen Gartenparadies, obwohl das Gärtnern ihr immer schon viel Freude gemacht hat. Neben dem Job war daran allerdings kaum noch zu denken.
Dann kam der Moment, in dem die 52-Jährige aus der Vision, die sie hatte, Realität machen wollte. Sie begann, berufsbegleitend Gartengestaltung zu studieren. Um die praktische Erfahrung in der Gartengestaltung zu erlangen, machte sie in ihrem chirurgischen Jahresurlaub unbezahlte Praktika bei namhaften Gartengestaltern, zum Beispiel bei Peter Janke: „Danach war ich immer sehr erfüllt – und musste dann zurück ins Krankenhaus. Mir wurde klar, dass ich das so nicht mehr will.“ Die Chirurgin entscheidet sich für einen radikalen Cut. Raus aus dem Krankenhaus, der sicheren Arbeitsstelle, der finanziellen Unabhängigkeit, und hinein in ein Leben voller Ungewissheit, aber „mit so viel mehr Lebensqualität.“

Aus der Chirurgin wurde der Blütendoktor. Petra Kühn eignete sich ein fundiertes Wissen über Pflanzen und Gärten an, das sie jetzt an ihre Kund*innen weitergibt. Immer im Fokus: der Umweltschutz und das Thema Nachhaltigkeit. „Wildbienen sind für unser Fortbestehen enorm wichtig, aber sie können nur weiter existieren, wenn sie genügend Nahrung finden“, erklärt Kühn. Dafür sei jedoch nicht jede Pflanze im Garten geeignet. So seien Geranien und Rhododendron zwar wunderschöne Pflanzen, für die Biodiversität aber ungeeignet: „Die Blüten sehen toll aus, aber das sind quasi nur Attrappen. Hier finden Bienen keine Nahrung.“
Und Kühn erklärt nicht nur, sondern geht mit summendem Beispiel voran. Im letzten Jahr hat sie den Schritt gewagt und ist aus der Dachge-schosswohnung in ein 1880 erbautes Haus in Moers gezogen. Inklusive Garten mit 1.800 Quadratmeter Fläche. Hier surrt es überall und Petra Kühn erklärt, warum so genannte Klimagewinner-Pflanzen enorm wichtig sind: „Sie bieten Nahrung für Bienen und kommen oftmals sogar direkt aus der Region.“

1.800 Quadratmeter Gießen hört sich nach einer Mammutaufgabe an, oder? Petra Kühn lächelt dies jedoch nur weg: „Da würde ich ja kaum nachkommen, außerdem wäre das eine riesige Wasserverschwendung. Alle Pflanzen, die hier gepflanzt wurden, wurden nur einmal gewässert, und zwar beim Einpflanzen. Seitdem wird nicht mehr gegossen.“ Und es funktioniert. Überall blühen Pflanzen – egal ob im schattigen Vorgarten oder im sonnigen Garten hinter dem Haus: „Da das Grundwasser hier hochsteht, müssen die Pflanzen einfach lernen, dass es von unten kommt und nicht von oben. Außerdem wurden im Sonnenbereich alle Pflanzen mineralisch und im schattigen Bereich mit spezieller Holzfaser gemulcht“, berichtet die Neu-Moerserin. So werde die Umwelt geschont und das Trinkwasser geschützt. In einigen Bundesländern sei die Bewässerung mit Trinkwasser längst verboten, von daher sei eine Alternativlösung dringend notwendig.
Ihr alter Beruf blitzt immer mal durch, wenn Petra Kühn mit Leidenschaft über die Umwelt referiert. Deshalb auch ihr Name „Blütendoktor“, denn ihr Wissen rund um standortgerechte Pflanzenplanung gibt sie jetzt weiter an ihre Kund*innen. Ob der Ausstieg aus dem Hamsterrad richtig war? „Ich hatte eine Heidenangst, aber die Freiheit, zu tun, was ich liebe, ist unbezahlbar.“ Achja, und der Hund aus ihrer Vision, der sitzt übrigens auch zu ihren Füßen. Ihr neuer Traum? „Dieses Grundstück hier soll organisch wachsen und der Garten eine grenzenlose Vegetation mit einem immer blühenden Beet werden.“ Wir kommen dann mal in ein paar Jahren wieder. Und bestimmt ist auch diese Vision dann Realität geworden.
Der Blütendoktor – Planungsbüro für immerblühende Gartenkonzepte
Inhaberin Petra Kühn
Vinner Straße 38
47447 Moers
Telefon: 0179-4791621
derbluetendoktor.de

Fotos: Felix Burandt