
Für manche Menschen ist das Leben eine Pralinenschachtel: eine bunte Auswahl, aus der man sich das Beste aussucht. Manche haben das Glück, dass sich ihr Leben wie ein Ponyhof gestaltet, während es für andere eher eine Baustelle ist. Philosophen mit Hang zum schwarzen Humor bezeichnen es nüchtern als „einen vorübergehenden Zustand“ und John Lennon sagte einst, das Leben sei das, was passiert, während wir andere Pläne machen. Für Manuel Kölker spielt sich das Leben nun schon seit über 20 Jahren in Etappen ab. Der leidenschaftliche Läufer und Mitbegründer der Seidenraupen ist einer von Krefelds bekanntesten Lauf-Botschaftern: Er hat nicht nur viele Anekdoten und Tipps zum Thema auf Lager, er kennt auch die schönsten Laufstrecken Krefelds.
Manuel Kölkers Läuferkarriere fängt beim Fußball an: „Bei Preussen Krefeld spielte ich damals auf unterstem Niveau“, wie er grinsend einräumt. „Der Ball war nicht mein Freund, ich lief meine Gegenspieler kaputt. Aus einer Bierlaune heraus kam ich 2001 mit einem Freund auf die Idee, beim Köln-Marathon zu starten. Wir gingen unglaublich schlecht vorbereitet ins Rennen und schleppten uns mit letzter Kraft über die Ziellinie, doch die Saat war gelegt für weitere Marathons. 2002 ging ich dann in etwas besserer Form in Hamburg und New York an den Start.“
Aber Kölkers „zweites Läuferleben“, wie er es nennt, begann erst einige Jahre später, während seines Volontariats in Trier: „Ich meldete mich dort bei einer Laufgruppe an, die von einem Trainer betreut wurde“, erinnert sich der Familienvater. „Erstmals unter Anleitung und nach einem Plan zu trainieren, bedeutete einen Quantensprung für mich und ich konnte meine Marathonzeiten direkt um 30 bis 40 Minuten verbessern.“ Die wichtigste Lehre, die Kölker mitnahm: „Der Glaube an mich selbst. Vor einem Lauf sagte mir der Trainer: ,Du schaffst das in 45 Minuten oder schneller!’ Ich schaute ihn ungläubig an, mir schien diese Zeit völlig unrealistisch. Doch er sagte einfach: ,Du machst das.’ Und es gelang. Das hat mich entscheidend geprägt.“ Die Möglichkeit, sich beim Laufen an die eigenen Leistungsgrenzen heranzutasten und sie zu überschreiten, nach einem Lauf völlig ausgepowert zu sein, ist für Kölker eine riesige Befreiung und eine perfekte Möglichkeit, die Belastungen des Alltags von sich abfallen zu lassen. „Ich liebe es, morgens mit einem Lauf in den Tag zu starten. Wenn bei meiner Stadtwaldrunde die Sonne über der Rennbahn aufgeht, ist das einmalig.“ Aber zur Beruhigung aller Langschläfer gibt er freimütig zu, dass er längst nicht immer vor Freude jauchzend aus dem Bett springt, wenn um fünf Uhr der Wecker klingelt.

Die Gründung der Seidenraupen Krefeld im Jahr 2011 geht auf Kölkers Teilnahme am Trans-Alpine-Run 2012 zurück, der ihn über die Alpen führte. „Ich startete dort mit einem Freund und wir brauchten einen Namen für unser Team“, blickt der 46-Jährige zurück. „In einem Feld aus erfahrenen Bergläufern gingen wir als Niederrheiner ohne jede Chance an den Start. So kamen wir auf die Seidenraupe als Namensgeber: Sie ist langsam und steht natürlich in enger Verbindung zu unserer Heimat.“ Mittlerweile zählen die Seidenraupen rund 60 Mitglieder im Alter von 5 bis 55. Regelmäßig treffen sie sich zu lockeren Läufen im Stadtgebiet, nehmen gemeinsam an regionalen Wettkämpfen teil und veranstalten in diesem Jahr bereits zum 13. Mal den Seidenraupen Cross im Hülser Bruch. „Wir sind eine offene Gemeinschaft. Wer bei uns mitlaufen möchte, ist herzlich willkommen“, lädt der gebürtige Krefelder Interessierte ein. „Unsere Laufeinheit am Donnerstag steht immer unter dem Motto ,Niemand wird zurückgelassen’ und ist mit moderatem Tempo gut für Einsteiger geeignet.“
Aktuell freut sich Kölker auf das Ende der Fastenzeit und das erste Alt danach. Doch der nächste dicke Brocken lässt nicht lange auf sich warten. Am 7. Juni geht er beim Mozart 100 by UTMB in Salzburg mit einer weiteren Seidenraupe an den Start: Auf die beiden warten 120 Kilometer und über 5.600 Höhenmeter. Er muss selbst etwas schmunzeln, als er sich der Dimension des Vorhabens gewiss wird. Aber er weiß, wie er die körperliche und mentale Belastung am besten meistert: „Einfach in Etappen denken!“
Seidenraupen Krefeld
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