Maximilian Becker

Zwischen Goldjunge und Nestbeschmutzer

Der argumentative, sach- und lösungsorientierte Dialog auch mit politischen Gegnern ist Beckers große Stärke.

Wer Maximilian Becker dieser Tage begegnet, erlebt einen bis unter die Haarspitzen motivierten Menschen. Im Sommer des vergangenen Jahres hatte er seine Kandidatur für den Vorsitz der hiesigen CDU öffentlich gemacht und dafür nicht nur Applaus geerntet. Zu früh sei es geschehen und zu unkoordiniert. Gar Nestbeschmutzung wurde ihm vorgeworfen. Heute, rund neun Monate später, sind viele Zweifler zu Unterstützern geworden. Nicht zuletzt wegen eben dieser für jeden spürbaren Motivation, anzupacken und wirklich etwas ändern zu wollen. Becker, Vater von zwei Kindern und als Vertriebler in einem Verpackungsunternehmen nicht nur finanziell erfolgreich, könnte dem Ehrenamt den Rücken kehren und sich der Sonnenseite des Lebens zuwenden. Aber das will er nicht. Er möchte die Krefelder CDU einen und ihr zu einer Kontur verhelfen, die sie lange vermissen ließ. Und er möchte die Probleme der Stadt benennen und Lösungen finden.

Sein Telefon klingelt. Das sechste Mal in zehn Minuten. „So geht das den ganzen Tag“, lacht Becker und dreht sein Handy mit dem Display zum Tisch. Was andere schier zum Wahnsinn treiben würde, gehört für ihn nicht nur zum täglichen Geklapper, esm scheint ihm sogar zu gefallen. „Ich kommuniziere viel und gerne“, so Becker weiter“, im Moment wünsche zwar selbst ich mir, dass es vielleicht ein bisschen weniger wäre, aber es stehen nunmal viele Entscheidungen an und Kommunikation ist dabei fast immer der Schlüssel.“ Becker ist vor 17 Jahren der CDU Krefeld beigetreten, hat die gesamte Ochsentour eines Jung-Mitglieds mitgemacht und dabei beobachtet, wie sich die Partei auf Bundes- und Kommunalebene verändert hat. „Die alte CDU hatte ein klares Profil: wirtschaftsnah, humanistisch geprägt und der konservative Teil der politischen der Mitte“, führt er fort. „Vor Merz sind diese Merkmale immer brüchiger geworden, sodass viele Konservative ihre Identifikation verloren haben.“ Pathologischer ist sein Befund gar für die Krefelder Christdemokraten. Der Kreispartei habe es so lange an Führung gefehlt, dass man über Jahre nicht mehr sagen konnte, wofür sie überhaupt stehe. „Nach Figuren wie Wilfrid Fabel, die echt Persönlichkeiten waren mit Haltung, Ecken und Kanten, sind bei uns Personen in Verantwortung gekommen, die keine klare Richtung erkennen ließen und lieber den Weg des geringsten Widerstandes gegangen sind“, konstatiert er deutlich.

Becker selbst stammt aus einem christlich-konservativen Elternhaus. Sein Vater hatte sich vom Volksschüler zum Geschäftsführer des Evangelischen Kirchenkreis hochgearbeitet, seine Mutter war zunächst Bauzeichnerin gewesen, ehe sie später in der Verwaltung der katholischen Kirche aktiv war. „Meine Eltern waren zwar konservativ, aber nie rigide, extrem restriktiv oder autoritär in ihrem Umgang mit mir. Ich hatte alle Freiheiten, mich auszuprobieren. Sie haben im besten Sinne ein Leben vorgelebt, an dem ich mir ein Beispiel genommen habe, weswegen die von ihnen vorgelebten Werte heute auch meine sind“, erzählt der 35-Jährige. Werte wie Fleiß, Loyalität sowie Strebsam- und Verbindlichkeit sind Wesensbeschreibungen, die er für sich reklamiert und bei der Beurteilung anderer Menschen als Gradmesser ansieht. „Es braucht Menschen, die bereit sind, voranzugehen und sich nicht scheuen, dabei auf Menschen zu treffen, die in Sachfragen anderer Meinung sind. Genau derjenige möchte ich sein. Demokratie lebt von Dialog, auch oder vor allem im Dissens“, sagt er und verweist auf den Bundestag der Siebzigerjahre: „Damals haben die sich gestritten wie die Kesselflicker, aber das ist mir allemal lieber als der heutige immer enger werdende Meinungskorridor. Wir geben ständig Antworten zu Fragen, die sich keiner stellt und beantworten die Fragen nicht, die die Menschen wirklich treiben. Ob lokal oder auf Bundesebene ist es dringend nötig, dass hier eine Veränderung stattfindet, sonst wird die AfD in Zukunft noch mehr Zulauf bekommen.“

Dass Becker nicht nur für Veränderung wirbt, sondern sie tatkräftig selbst vorantreibt, hat er mit seiner Initiative zum innerparteilichen Wechsel vom Delegierten- zum Mitgliedersystem bereits unter Beweis gestellt. „Damit haben wir nicht nur die Grundlage für mehr Basisdemokratie geschaffen, sondern auch die Fesseln derer gelöst, die in der Vergangenheit gerne etwas beigetragen hätten, aber mit ihrer Stimme und Expertise gar nicht gehört wurden“, sagt er. Ob man ihm nun zugeneigt ist oder nicht, die Bewegung, die durch den Systemwechsel in die Partei gekommen ist, lässt sich nicht von der Hand weisen. Etliche neue Mitglieder konnte die CDU Krefeld in den vergangenen Wochen zählen. Darunter viele, die sich vor Beckers Engagement niemals hätten vorstellen können, einer Partei beizutreten. „Max verkörpert genau das, was wir uns lange für Krefeld gewünscht haben“, erklärt Unternehmer Joachim Schuhmacher, „er hat die Energie, den Willen und die Kompetenz, die diese Stadt braucht, um die großen Herausforderungen endlich anzugehen. Er traut sich, auch unpopuläre Meinungen auszusprechen. Dafür hat er meinen Respekt und meine Zustimmung.“

Motiviert bis unter die Haarspitzen: An der Spitze der CDU möchte Maximilian Becker das Profil der Partei schärfen und Krefeld nach vorn bringen.

Auch wenn Politik untrennbar mit Personen verwoben ist, sind es doch die Themen, die Becker treiben. Wohnqualität, Wirtschaftsnähe, Familien, Infrastruktur sowie Ordnung und Sicherheit stehen auf seiner Fahne. Damit Parteimitglieder und jeder Krefelder Bürger einen Eindruck von seinem Charakter, aber vor allem von seiner thematischen Agenda bekommen, hat Becker für die Lokalpolitik untypische, innovative Methoden bemüht. Ob Social Media, Podcast oder Video-Formate, seine Kampagne lässt die Ernsthaftigkeit seines Engagement deutlich werden. „Mir ist wichtig, dass ich Menschen mit meinen Themen erreichen kann“, erklärt Becker, „mal verkürzt, aber manchmal eben auch mit dem Raum, den viele komplexe Themen benötigen.“ Besonders seine Beobachtung der asymmetrischen Durchsetzung des Rechts in der Krefelder Innenstadt hat viel Aufmerksamkeit und Zuspruch bekommen. „Das gibt mir die größte Energie: der Zuspruch der Menschen. Ich führe so viele Gespräche mit Bürgern, die sagen, wie glücklich darüber sind, dass es endlich jemanden gebe, der dieses oder jenes anspricht und sich dafür einsetzt, eine Veränderung herbeizuführen. Der Frust der Menschen über die Ignoranz der Etablierten war noch nie so groß“, so Becker weiter.

Es sind schicksalshafte Tage, die nun vor Becker, seinen Getreuen und Befürwortern liegen. Während sich Noch-Parteichef Marc Blondin beim Nominierungsparteitag für die Ratswahl Ende Februar gegen den bislang öffentlich kaum in Erscheinung getretenen Andreas Stattrop vorläufig über die Ziellinie retten konnte, kommt es Ende März zum Showdown zwischen ihm und Becker. „Der zurückliegende Parteitag war wie eine politische Vitrine, in der zur Schau gestellt wurde, weswegen die CDU so dringend eine Veränderung braucht. Anstatt inhaltliche Substanz vorzutragen, wie sein Weg für die Partei und die Stadt aussieht, hat Blondin Freunde und Familie zur Wahlurne gezerrt. Nie wird er konkret. All diese pathetischen, inhaltsleeren Plattitüden sind Ausdruck absoluter Ahnungs- und Konzeptionslosigkeit. Es mag sein, dass nicht jeder mit mir und meiner forschen Gangart zurechtkommt, aber nennen wir das Kind mal beim Namen: Ich bin die einzige Chance, die die Partei gerade hat, wenn sich wirklich etwas verändern soll. Und: Ich bin bereit, zuzuhören und zu lernen“, sagt Becker ohne Umschweife.

Ob und wie es für Becker weitergeht, wird am 22. März innerhalb der CDU entschieden. Im September folgt dann die Wahl des Oberbürgermeisters, zu der Timo Kühn nahezu einstimmig als Kandidat berufen wurde. Maximilian Becker hat keinen Plan B. Die Zeit sei reif für eine Wandel. Mit Mut, Sachverstand und Motivation bis unter die Haarspitzen.

 Fotos: Niklas Breuker
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