Markus Janßen

„Hinten kackt die Ente!“

Markus Janßen, einer der wenigen Krefelder Weltmeister, ist dem Minigolfsport seit fast 50 Jahren verfallen.

Vermutlich hat fast jeder in Deutschland schon einmal Minigolf gespielt, egal welchen Geschlechts oder Alters. Das Spiel, bei dem es darum geht, einen kleinen Ball mithilfe eines Schlägers in ein Loch am Ende der mit verschiedenen Hindernissen versehenen Bahnen zu befördern – und zwar mit so wenig Schlägen wie möglich –, mag ein bisschen aus der Mode gekommen sein, ist aber immer noch eine beliebte Freizeitbeschäftigung. Oft in Naherholungsgebieten oder in Parks gelegen, werden Minigolfplätze vor allem an Sommerwochenenden gern frequentiert: von Familien oder Freunden, die in einem spielerischen Wettkampf gegeneinander antreten, ohne sich dabei zu verausgaben oder gar Blessuren davonzutragen. Auch Markus Janßen ist regelmäßig auf der Minigolfanlage im Uerdinger Stadtpark anzutreffen, allerdings dreht er dort eher allein seine Runden. Er ist Minigolfprofi – und zudem einer der wenigen waschechten Weltmeister Krefelds. Mit fast 60 Jahren ist er noch immer aktiv, doch mit der Gründung der Deutschen Minigolf Stiftung bereitet er sich langsam auf den sportlichen Ruhestand vor, den er dazu nutzen möchte, Minigolf als Sportart in Deutschland populärer zu machen.

Die Minigolfbälle bestehen aus Kautschuk und Glas und unterscheiden sich hinsichtlich Dimension, Härte und Sprunghöhe.

„Ich werde den Ball hier links an die Bande spielen. Er wird dann hier entlanglaufen, hier zurückprallen und dann über diese Bande ins Loch rollen“, erklärt Janßen, bevor er das Gesagte exakt in  die Tat umsetzt. Die Gerade mag die kürzeste Verbindung zwischen zwei Punkten sein, aber im Minigolf ist der direkte Weg tatsächlich nicht immer der beste. Nur eine der erstaunlichen Erkenntnisse, die der Gang mit dem Weltmeister, achtfachen Europameister und 16-fachen Deutschen Meister über den Uerdinger Minigolfplatz bereithält. „Meine Oma wohnte hier direkt gegenüber“, zeigt er mit dem Schläger quer über die Parkstraße, „und wenn ich bei ihr war, gab sie mir immer Geld für den Minigolfplatz und ein Eis.“ Wir schreiben das 1978, Janßen ist gerade 13 und in ihm reift die Erkenntnis, dass er mit seinem ersten und bislang einzigen Tor für den Fußballverein schon am Ende seiner Möglichkeiten angelangt ist: „Ich beobachtete fasziniert die Vereinsspieler, die hier ihr eigenes Equipment auspackten … und dann wurden sie irgendwann auch auf mich aufmerksam“, erinnert er sich an die Anfänge einer nun fast 50 Jahre andauernden Sportkarriere. „Ich hatte schnell Erfolg, hängte meine Fußballschuhe an den Nagel und trat in den Bahnengolf Club Uerdingen e. V. ein.“ Weil seinen sportlichen Ambitionen im Heimatverein allerdings irgendwann Grenzen gesetzt waren, wechselte er 1993 zum Erstligisten nach Mainz, mit dem er dreimal in Folge Deutscher Meister wurde und sogar zweimal den Europacup gewann, die „Champions League des Minigolfs“, wie er mit einem Zwinkern hinzufügt. Der Weg führte ihn später nach Dormagen und dann wieder zurück nach Mainz, wo er seit einigen Jahren in der Seniorenklasse antritt. Aktuell bereitet sich Janßen auf die Deutschen Meisterschaften vor, die vom 19. bis 22. Juni in Berlin stattfinden. „Eigentlich sind wir alle Profis, wir verdienen nur kein Geld damit“, schmunzelt er. Hier und da gibt es kleinere Zuwendungen von Herstellern, das war’s – so wie bei den meisten Sportarten in Deutschland, die nicht Fußball sind. „Für das Geld, das Eishockey- oder Handballprofis verdienen, würde ich meinen Körper nicht kaputtmachen“, sagt Janßen. Seinem Krefelder Arbeitgeber Covestro hält er seit 42 Jahren die Treue, und der dankt es ihm mit einem Extratag Urlaub pro Monat, an dem natürlich Minigolf gespielt wird.

Maßanfertigung: Dank des Saugnapfes am Griff seines Schlägers muss sich Janßen nicht nach seinen Bällen bücken.

Im Trainingsanzug der Nationalmannschaft gekleidet, tritt Janßen als stolzer, selbstbewusster und ehrgeiziger Botschafter seines Sports auf, der zudem nie um einen markigen Spruch verlegen ist. „Minigolf ist eine Mentalsportart“, erklärt er. „Es geht um Konzentration und Präzision über 18 oder sogar 36 Bahnen: Hinten kackt die Ente. Ich sage immer: Ein Minigolfer würde niemals einen Elfmeter verschießen!“ Dass das Spiel im Freien ausgetragen wird, bei wechselnden klimatischen Bedingungen und auf Bahnen unterschiedlicher Untergründe, bringe immer unbekannte Variablen mit ins Spiel, auf die man mit Erfahrung, aber auch dem richtigen Equipment reagieren muss. Minigolfbälle sind entweder aus Kautschuk oder aber aus Glas und es gibt sie in unterschiedlichen Dimensionen, Härten und Sprunghöhen. Es gilt, für jede Bahn und jeden Bodenbelag den richtigen Ball zu wählen. Hat man sich einmal entschieden, darf man nicht mehr wechseln. Muss man oft über Bande spielen? Dann empfiehlt sich ein weicherer Gummiball. Braucht man hingegen einen Ball, der stabil und lange rollt, ist die schwerere Glaskugel die richtige Option. Janßens Schläger ist maßgefertigt: Der Schaft ist aus Karbon, der Kopf ideal ausgependelt und mit einer Kunststoffschicht versehen, um den Ball anzuschneiden. Deutlich bodenständiger, aber fast genauso wichtig: ein Handtuch, mit dem man die Bahn abtrocknet oder aber von Laub, Ästen, Dreck und Sand befreit, und eine Socke, in der die temperaturempfindlichen Kautschukbälle warmgehalten werden – idealerweise körpernah. Das Ziel ist es natürlich immer, alle Bahnen eines Parcours mit einem Hole-in-one abzuschließen, dem Einlochen mit einem einzigen Schlag: ein Kunststück, das Janßen in seiner Laufbahn immerhin siebenmal gelang. Geht der erste Schlag daneben, sollte der Ball zumindest so platziert werden, dass das Einlochen beim zweiten Anlauf klappt. Genau deshalb ist es auch nicht immer ratsam, den kürzesten Weg zum Loch zu wählen, sondern stattdessen über Bande zu spielen. Das Spiel, das man nie so richtig ernst genommen hat, offenbart im Gespräch mit Janßen plötzlich ungeahnte Dimensionen.

„Minigolf kann bis ins hohe Alter gespielt werden, es beinhaltet eine wichtige mentale Komponente, erfordert außerdem Grundkenntnisse in Physik und Mathematik. Und wenn man einen kompletten Parcours absolviert hat, hat man auch durchaus einige tausend Schritte zurückgelegt. Minigolfanlagen sind darüber hinaus relativ günstig zu bauen und können von der Allgemeinheit genutzt werden – anders als etwa eine Bobbahn“, zählt Janßen nur einige der Gründe auf, die Minigolf seiner Meinung nach zum Breitensport prädestinieren. „Das Potenzial ist riesig, denn Millionen von Deutschen können Minigolf spielen und haben das wahrscheinlich sogar schon einmal getan.“ Leider weiß jedoch kaum jemand, dass man den Sport tatsächlich auch im Verein betreiben kann. „Minigolf findet medial nicht statt, ist noch nicht einmal olympisch. Es gibt keine Stars, denen man nacheifern könnte. Um es für die Masse oder auch eine mediale Vermarktung interessanter zu machen, müsste man sich außerdem darum kümmern, die Spielmodi zu reformieren. Spiele und Turniere dauern aktuell einfach viel zu lang und sind damit für eine TV-Vermarktung uninteressant“, kritisiert der gebürtige Duisburger. Dass ein Popularitätsschub möglich wäre, zeigt ihm der Boom, den etwa der Dartsport in den vergangenen zwanzig Jahren erlebt hat: nicht zuletzt, weil der Sport so einfach ist, dass er im Fernsehen perfekt funktioniert.

Um Minigolf bekannter zu machen, hat Janßen zu Beginn des Jahres die Deutsche Minigolf Stiftung ins Leben gerufen. „Aktuell baue ich über Spendensammlungen Stiftungskapital auf“, gewährt er Einblick in die Gründungsarbeit. „Ein Traum wäre der Bau einer Minigolfhalle, in der man unabhängig vom Wetter spielen kann. Aber vielleicht könnte man zunächst auch über eine Überdachung der Uerdinger Anlage nachdenken“, sagt er mit Blick auf den wolkenverhangenen Himmel, von dem immer mal wieder kleine Schauer auf die Bahn herabprasseln. Jetzt gilt es aber erst einmal, bei den Deutschen Meisterschaften und später bei der WM in Italien erfolgreich abzuschneiden. Als amtierender Senioren-Europameister hat Janßen auch mit 59, in seinem 46. Karrierejahr, immer noch große Ambitionen.  Und warum auch nicht? Er weiß schließlich ganz genau: Hinten kackt die Ente!

Nachtrag: Bei den Deutschen Meisterschaften wurde Janßen Deutscher Meister im Team – zum zehnten Mal in Folge! – sowie Meister im Einzel in der Altersklasse AKII. Wir gratulieren!

Deutsche Minigolf Stiftung
www.minigolfstiftung.de
YouTube: @DeutscheMinigolfStiftung
Spendenkonto
IBAN: DE37 3205 0000 0000 4886 50 – Verwendungszweck: „Zustiftung“
BIC: SPKRDE33XXX

Fotos: Niklas Breuker
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