Nathan der Weise

Premiere erhält Standing Ovations

Das Drama des deutschen Dichters und Philosophen Gotthold Ephraim Lessing aus dem Jahr 1779 setzt sich mit dem Thema Glauben und Toleranz auseinander und gilt als Klassiker der Aufklärung. Nach der langen Zeit der Corona-Einschränkungen kann das Krefelder Theater zur Premiere von „Nathan der Weise“ endlich wieder ein fast normales Theatergefühl wecken. Die Sitzreihen sind relativ gut gefüllt, es gibt zum ersten Mal wieder eine Pause mit kleinen Speisen und die Schauspieler auf der Bühne dürfen sich umarmen und die Hände reichen. Masken und Impfkontrollen erinnern zwar daran, dass die Pandemie noch nicht beendet ist, aber man sieht Licht am Ende des Tunnels.

Heinrich und Elisabeth Rungelrath

Joachim Henschke hat die Vorstellung geprägt

Gute Laune erzeugt bei den Zuschauern auch die Leistung des Schauspielensembles. Allen voran Joachim Henschke, der den Nathan auf glänzende Weise verkörpert. „Sie können nur einen Nathan auf die Bühne bringen, wenn Sie jemanden haben, der die nötige Qualität mitbringt“, ist Heinrich Rungelrath, der Vorsitzende der Krefelder Theaterfreunde, überzeugt. „Joachim Henschkes Ringparabel hat bei mir eine Gänsehaut ausgelöst“, und seine Frau Elisabeth ergänzt: „Henschke hat diese Vorstellung geprägt. Der Mann wird nicht älter, der wird immer besser!“

Aber nicht nur Henschke löste Begeisterung aus. Das gesamte Ensemble bekam am Ende der Vorstellung minutenlange Standing Ovations, die Heinrich Rungelrath und Ute Heier für absolut verdient halten. Rungelrath spricht von einer wunderbaren und fantastischen Inszenierung, die man sich unbedingt ansehen sollte, während Ute Heier nach dem Stück sagte, dass sie immer noch „hin und weg ist, von dieser tollen Inszenierung.“ Sie bedankt sich besonders bei Esther Keil, die so kurzfristig für ihre Schauspielerkollegin Nele Jung eingesprungen ist. „Ohne sie hätten wir dieses Stück heute Abend nicht sehen können, und das wäre sehr schade gewesen.“

Ute Schotes

Unterschiedliche Meinungen über das Bühnenbild

Auch Ute Schotes, die viele Jahre als Inspizientin für das Theater gearbeitet hat, schätzt Joachim Henschke und seine schauspielerische Leistung, dem sie eine „Bombenrolle“ attestiert. Die Inszenierung hat sie allerdings nicht ganz überzeugt. Das Bühnenbild fand sie zwar grundsätzlich in Ordnung, konnte aber mit den einzelnen Elementen nicht viel anfangen: „Ich habe die ‚Reservebank‘ im Hintergrund nicht verstanden und mag es nicht, wenn alle Schauspieler ständig auf der Bühne sein müssen“, gibt sie zu bedenken. Im Gegensatz dazu lobt Elisabeth Rungelrath das puristische Bühnenbild: „Mir gefällt es, wenn ein Theater kein fertiges Bild liefert, sondern dem Zuschauer Raum lässt. Warum dieses Bühnenbild? Was bedeutet das? Das beschäftigt mich dann über diesen Abend hinaus“, bemerkt die langjährige Theaterbesucherin, und ihr Mann Heinrich betont, dass sich die Schauspieler gerade in diesem Bühnenbild frei entfalten und wunderbar spielen konnten – sodass eine gelungene zugleich klassische und moderne Inszenierung entstand.

Helmar Hocke und Ute Heier

Zusammenkommen der Generationen

Für Theaterbesucher Helmar Hocke symbolisiert das Stück die Unterschiedlichkeit der Denkweisen, wie sie auch in unserer Gesellschaft vorkommt und oft schwer zu meistern ist. Er freut sich, dass im „Nathan“ am Schluss die Möglichkeit der Versöhnung aufgezeigt wrd. Ute Schotes hat „Nathan der Weise“ bereits dreimal am Krefelder Theater gesehen: „Das Thema Toleranz ist sicher nach wie vor aktuell, aber ich hätte es jetzt nicht unbedingt gebraucht“, gesteht sie.

Elisabeth und Heinrich Rungelrath freuen sich besonders, dass dieser „Klassiker der Aufklärung“ so viele Menschen unterschiedlichen Alters in das Theater geholt hat. „Ich bin froh, dass heute zwei Schulklassen hier waren“, sagt er, während seine Frau zwei hochbetagte Damen aus dem Pflegeheim bemerkt, die sich mit ihrem Rollator aufgemacht haben, um das Stück zu sehen. „Mehr kann man nicht wollen, als gleichzeitig Schüler und Senioren im Haus zu haben. Ich finde es toll, dass Kultur so über die Generationen verbindet“, ist Elisabeth Rungelraths Resümee.

Weitere Aufführungen von Nathan der Weise:
10.02. – 11.02. – 13.02. – 17.02. – 05.03. – 11.03. – 15.03. und 08.05.

Infos und Tickets unter: www.theater-kr-mg.de, Telefon 02151-805-125

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