Nach grauen Monaten im Pandemie-Winter ist die Sehnsucht groß: Die Menschen möchten Sonne, Kultur, Begegnungen, gemeinsame Erlebnisse. Dank zuletzt sinkender Inzidenz kann das Krefelder Stadtmarketing die geplanten Aktionen zum Perspektivwechsel weitgehend in die Tat umsetzen. Das Motto lautet in diesem Jahr „Stadtkultur“. Gleich drei spannende Formate laden in den kommenden Wochen dazu ein, unsere Stadt neu zu erleben und aus anderen Blickwinkeln zu betrachten.
„Wie immer beim Perspektivwechsel geht es darum, den zur Verfügung stehenden öffentlichen Raum neu zu interpretieren“, erläutert Claire Neidhardt, Leiterin des Stadtmarketings, das Konzept. Was das genau bedeutet, kann man bereits seit einigen Wochen am Uerdinger Rheinufer rund um die Rhine Side Gallery und das Werftgelände erleben. Unter dem Namen „Werft 765 – Die Krefelder Rhine Side“ wurde das Areal in eine blühende Flaniermeile verwandelt. „Wir haben dort eine Blumenbeet-Allee angelegt, mit kleinen Parzellen, die von Beetpaten bepflanzt werden konnten. Die Resonanz war großartig, es haben sich sowohl Einzelpersonen als auch Vereine, Schulklassen und Unternehmer gemeldet, um den Raum gemeinsam zu gestalten“, freut sich Neidhardt. Unterstützt wurde die Aktion von zahlreichen Gärtnereien und der Firma Feldsaaten Freudenberger Aber die Rheinpromenade lädt längst nicht nur zum gemütlichen Spaziergang ein: Ab dem 3. Juli stehen Sportbegeisterten dort zwei Beachvolleyball-Felder zur Verfügung, die zu einem Preis von 5 Euro die Stunde online gebucht werden können. Um die Organisation vor Ort – Verleih von Bällen, Getränkeverkauf – kümmert sich der SC Bayer Uerdingen. Voraussichtlich ab dem 24. Juli wird das Strandareal mit Liegestühlen in den Abendstunden in ein Open-Air-Kulturkino verwandelt – eine gemeinsame Aktion mit dem Primus-Filmpalast. „Um die Zahl der Schaulustigen zu reduzieren und die Anwohner nicht zu stören, haben wir uns vom Prinzip der Silent Disco inspirieren lassen: Der Ton der Filme wird über Kopfhörer übertragen“, berichtet Claire Neidhardt. „Wir sammeln außerdem weitere Ideen auch für das kommende Jahr, wie wir das Areal den Sommer über nutzen können. Im Juni gab es so bereits ein Wochenende mit Tischtennisplatten zur freien Verfügung. Am zweiten Juliwochenende wird sich dort alles rund ums „Spielen“ drehen. Die „Brettspiel-Verrückten“ und der Schachclub des SC Bayer bieten Spiele und Schachbretter zum Ausleihen oder Kaufen an und das Werftgelände wird mit zahlreichen „Spieltischen“ zum Spieletreff. Die Heimaturlauber können sich mit mitgebrachten oder ausgeliehenen Gesellschaftsspielen auf dem Werftgelände niederlassen und ihrem Spieltrieb freien Lauf lassen.“ Neidhardt betont, dass es bei „Werft 765“ ausdrücklich um die Beteiligung der Bürgerschaft geht. „Gemeinsam mit den Krefelderinnen und Krefeldern wollen wir Wege finden, die Rheinpromenade zu bespielen.“ Die Beachvolleyballfelder wurden beispielsweise gefördert durch den Stadtumbau in Uerdingen. Zudem plant die Stadt das Werftgelände auch insgesamt baulich zu entwickeln, wofür gerade ein Ausschreibungswettbewerb begonnen hat.
Doch nicht nur in Uerdingen, sondern auch in der Innenstadt wird das Stadtmarketing aktiv: Die Silk City Gallery soll ab Ende Juli auf dem Theaterplatz residieren. Nachdem Künstler in den vergangenen Jahren das Hülser Bruch, das Uerdinger Hafengelände und zuletzt den Bunker unterhalb des Cinemaxx-Kinos in öffentliche Galerien verwandelt hatten, fiel die Wahl im Beuys-Jahr auf ein Objekt, zu dem wohl jeder Krefelder eine Meinung hat. „Vom 19. bis zum 25. Juli werden 30 Künstlerinnen und Künstler aus insgesamt zehn Nationen die Fassade des Seidenweberhauses als Leinwand für ihre Werke nutzen. Der Schaffensprozess ist öffentlich, das Publikum bewundert also nicht nur die fertigen Kunstwerke, sondern kann bereits ihrer Entstehung beiwohnen“, erläutert Neidhardt den besonderen Reiz. Die spannenden Rahmenbedingungen am zum Abriss freigegebenen Seidenweberhaus sind laut Neidhardt ein überzeugendes Argument, um renommierte Künstler nach Krefeld zu locken: „Wir machen ihnen keine inhaltlichen Auflagen, es gibt nur einen künstlerischen Leitfaden. Das Seidenweberhaus ist für eine derartige künstlerische Auseinandersetzung geradezu prädestiniert. Es ist ein stark aufgeladenes Gebäude mit einer besonderen Geschichte, das schon seit Jahrzehnten die Gemüter erregt und welches nun noch einmal aus einem anderen Blickwinkel betrachtet werden kann“, fasst Neidhardt zusammen.
Auch Frederike Wouters, künstlerische Leiterin des Projekts, erkannte das besondere Potenzial des Ortes und nimmt in Ihrer Konzeption der künstlerischen Intervention Bezug zu Joseph Beuys: „Es geht bei unseren Projekten wie immer nicht darum, den Ort aufzuhübschen, vielmehr versuchen wir, mit unserer Kunst ganz im Sinne von Beuys kreative Kräfte freizusetzen und das vorhandene Potenzial dafür zu nutzen. Zentral steht die gemeinsame künstlerische Auseinandersetzung mit diesem sehr speziellen Ort zu einer sehr speziellen Zeit und diesmal sogar inmitten der Gesellschaft. Wir sind schon alle sehr gespannt auf den Prozess, das Resultat und seine Wirkung.“ Aber die Silk City Gallery markiert natürlich auch den Anfang eines langen Abschieds, schließlich ist der Abriss des Seidenweberhauses längst beschlossene Sache. „Ich denke, es wird an dieser prominenten Stelle im Stadtbild Zeit für etwas ganz Neues“, schaut Neidhardt nach vorn.
Kreativität in Verbindung mit der Krefelder Stadthistorie – dafür steht auch die Krefelder Laufmasche, die im Pandemiejahr 2020 leider ausfallen musste und nun in leicht modifizierter Form nachgeholt wird. Zwischen Rathausplatz und Behnisch-Haus werden vom 4. bis zum 8. August insgesamt 24 Baucontainer im Streetart-Look aufgestellt und von jungen Modedesignern besetzt: Hier arbeiten sie, stellen ihre Stücke aus und stehen Interessierten zum Gespräch zur Verfügung. Bei der Vergabe der beliebten Plätze konnte das Organisationsteam aus 48 Bewerbern auswählen. Dabei stand nicht zuletzt das Kriterium der Nachhaltigkeit im Vordergrund: „Viele Designerinnen und Designer achten bereits sehr stark darauf, welche Materialien sie verarbeiten, wie sie Abfall reduzieren oder Reste wiederverwenden können. Durch solche Überlegungen verändert sich natürlich auch die Mode selbst. Dieser Innovationsdrang passt ausgezeichnet zu unserem Verständnis, Stadtidentität neu aufzuladen und die Innenstadt neu zu denken“, erläutert die Stadtmarketing-Leiterin. Wer sich auf den Krefelder Moderundgang begibt, erhält einen umfassenden Einblick in das Schaffen einer neuen Generation junger Modeschöpfer, die mit ihren Kreationen vielleicht schon bald den Trend bestimmen könnten. Zum Abschluss der Veranstaltung wird die Goldene Seidenschleife verliehen, allerdings coronabedingt nicht im Rahmen einer großen Galaveranstaltung. Die Gewinner erhalten ein professionell gestaltetes Fashionvideo, das vor der urbanen Kulisse der Silk City Gallery aufgenommen wird. „Die Laufmasche steht wie Krefeld für Innovation und Kreativität, dafür, Dinge um die Ecke und neu zu denken. Ich glaube, dem tragen wir im Zeitalter der Digitalisierung mit der Idee des Fashionvideos in besonderer Stadtkulisse Rechnung“, ist Neidhardt überzeugt.
Krefeld neu erleben: Nach 18 Monaten, in denen das Leben sich überwiegend hinter unseren Haus- und Wohnungstüren abspielte, dürfte das Motto des Perspektivwechsels in diesem Sommer noch eine weitere Bedeutungsebene erhalten. In Uerdingen, auf dem Theaterplatz oder in der Innenstadt zeigt Krefeld in diesem Jahr ein neues, frisches, junges Gesicht.
Werft 765 – Die Krefelder Rhine Side
www.krefeld.de/werft765-rhine-side
Silk City Gallery
Theaterplatz, 19. – 25. Juli
www.krefeld.de/silkcitygallery
Krefelder Laufmasche
Innenstadt, 04. – 08. August
https://www.krefeld.de/de/stadtmarketing/krefelder-laufmasche/