Wer kann sich noch an die Zeit erinnern, als es in Krefeld noch keine Pizza gab, keine italienischen Restaurants, keine Pasta und keinen Espresso? Das ist lange her. Denn die ersten italienischen Gastarbeiter kamen bereits in den 1950er-Jahren nach Deutschland – und arbeiteten zunächst in der Industrie, um mit dem hart verdienten Geld nach Italien zurückzugehen. Doch schon bald war klar, dass viele der Menschen aus dem Süden hierbleiben würden – und sie brachten nicht nur ihre Arbeitskraft, sondern auch Speisen und Getränke, die im kühlen Norden bisher wenig bekannt waren.
Genauso ging es der Antonio und Maria Cassone aus Apulien, die im Januar 1979 in Krefeld ankamen, nachdem sie bereits an verschiedenen Orten nördlich der Alpen gearbeitet hatten. Freunde hatten Antonio erzählt, hier könne man gut leben, also machten seine Frau und er sich kurzentschlossen auf den Weg an den Niederrhein. Schnell bekam Antonio einen Job im Krefelder Stahlwerk und seine Frau putzte im Kaufhof. Die Verhältnisse stabilisierten sich, sodass die beiden 1984 ihren 14-jährigen Sohn Piero aus Italien nachholten. Mit dem bis dahin Ersparten wurde Maria 1989 zur Unternehmerin: Sie gründet das „Alimentari Cassone“, ein italienisches Lebensmittelgeschäft, dass sich zum deutsch-italienischen Kommunikationszentrum entwickelte. Parallel lernte Sohn Piero in einer Krefelder Pizzeria die Geheimnisse des Pizzabackens kennen, und so war die Zeit bald reif für das familieneigene Restaurant. Im Jahr 1991 erblickte die Pizzeria „Da Piero“ an der Cracauer Straße das Licht der Welt.
Leider musste die neugegründete Pizzeria schon sehr bald ohne ihren Namensgeber auskommen, da Piero Cassone 1992 bei einem Unfall ums Leben kam. Das Familienprojekt wurde deshalb aber keineswegs aufgegeben: Vater Antonio kündigte seinen Stahlwerkjob und stand von nun an täglich vor dem Pizzaofen, während seine Frau in der Küche regierte. So zelebrierten die Cassones zehn Jahre lang die italienische Kochkunst, bevor sie sich 2001 entschlossen, nach Italien zurückzugehen und das Da Piero an einen Verwandten zu übergeben. Doch manchmal kommt es anders als man denkt. Schon 2006 hieß es wieder „Buongiorno Krefeld“. Die Cassones waren zurück und übernahmen das Restaurant „Mammas“ an der Marktstraße, das sie wiederum ein Jahrzehnt betreiben sollten. Nun war es der jüngste Sohn Gianluca, der das Gastronomen-Handwerk erlernen durfte. Dieses Mal direkt bei Mama und Papa.
Mit gerade mal 20 Jahren fühlte sich Gianluca dann stark genug, um auf eigenen Beinen zu stehen und übernahm die alte Familienpizzeria Da Piero von dem zwischenzeitlichen Betreiber. Er ließ sich ein paar Monate das Geschäft zeigen, bevor er ab 2011 alleiniger Chef wurde – was jetzt auch schon wieder ein Jahrzehnt her ist. Heute betreibt er die Krefelder Traditionspizzeria mit Unterstützung seines Cousins Andrea und seiner Mutter Maria. Dazu kommen mehrere Fahrer für die Auslieferung. Immer noch befindet sich „Die kleine Pizzeria mit dem großen Geschmack“, wie Gianluca sie gern nennt, an demselben Ort wie vor 30 Jahren – an der Cracauer Straße 15, kurz hinter der Einmündung in die Philadelphiastraße. Auch heute beruht das Geschäft vorwiegend auf Außer-Haus-Lieferungen, was vor allem während der Lockdown-Zeit ein großer Vorteil war.
„Mein Ziel ist es, die Tradition fortzusetzen und zugleich eigene Akzente zu setzen“, erklärt Gianluca Cassone seine Philosophie. „So habe ich unsere Speisekarte etwas verschlankt, denn es kommt meiner Meinung nach nicht auf die Menge der Gerichte, sondern auf ihre Qualität und Frische an.“ Um diese Frische zu garantieren, beschränkt das Da Piero seine Lieferung auf das Krefelder Kerngebiet. „Wir liefern etwa im Umkreis von fünf Kilometern. Denn wir wollen, dass Pizza und Nudeln warm ankommen und Salate knackig bleiben. Nur so sind die Kunden mit der Lieferung zufrieden, empfehlen uns weiter und bestellen immer wieder.“ Wer möchte, kann seine italienischen Leckereien natürlich auch im Da Piero abholen oder – wenn die Corona-Bedingungen das zulassen – vor Ort genießen.
Hier erwartet die Pizzaliebhaber seit kurzem ein völlig neu gestalteter Gastraum, denn Gianluca Cassone und sein Cousin sind nicht nur beim Pizzabacken kreativ: „Andrea und ich haben privat schon immer gern mit Holz gearbeitet. Uns hat es richtig Spaß gemacht, aus alten Paletten ganz neue Gestaltungselemente zu kreieren und die Lampen aus Konservendosen zu bauen. Für das neue Design bekommen wir viel positives Feedback. Die Leute freuen sich, wenn mal jemand etwas anders macht“, so Gianluca lächelnd. „Und auch die Speisekarte haben wir selbst gestaltet – inklusive des neuen Da Piero-Logos.“ So haben Gianluca und Andrea Cassone ein neues Kapitel in ihrer deutsch-apulischen Familiengeschichte geschrieben. Bestimmt werden weitere folgen. Lassen wir uns überraschen, welche kreativen Ideen die beiden noch auf Lager haben.
Pizzeria Da Piero
Cracauer Straße 15, 47799 Krefeld
Tel.: 0215/3 60 26 69
www.da-piero.de
Öffnungszeiten
Dienstag bis Samstag 17-22.30 Uhr
Sonn- und Feiertage: 17-22 Uhr
Montag Ruhetag