Das menschliche Gehirn und die verknüpften Nervenbahnen sind ein filigranes und komplexes Organ, das der Wissenschaft immer noch viele Rätsel aufgibt. Das gilt auch für Krankheiten wie Multiple Sklerose, Parkinson oder Epilepsie. Ihre Behandlung ähnelt in vielerlei Hinsicht der Detektivarbeit, der Suche nach verborgenen Spuren anhand unklarer Indizien. Einer der Fachärzte, die sich in Krefeld auf diese Spurensuche begeben, ist der Neurologe Dr. Diamandis Toutzaris. In seiner Neuropraxis Fischeln steht ihm mit Dr. Marcus Belke sogar ein ausgebildeter Epileptologe zur Seite.
„Epilepsie ist bei Medizinern eine eher unbeliebte Krankheit“, beginnt Toutzaris mit einem Augenzwinkern. „Sie genau zu diagnostizieren und zu therapieren, ist aufwändig. Daher klafft in der Versorgung eine große Lücke.“ Schätzungsweise 0,5 – 1 Prozent der Bevölkerung sind betroffen und etwa fünf Prozent der Menschen haben mindestens einmal im Leben einen epileptischen Anfall, verstärkt Kinder bis zehn Jahre sowie ältere Menschen ab 60. Nicht alle Menschen, die an Epilepsie leiden, werden von jenen Krampfanfällen heimgesucht, die der Laie üblicherweise mit der Krankheit verbindet. „Es gibt unzählige verschiedene Arten von Epilepsie und ebenso vielfältig ist die Zahl der Symptome“, erläutert der Neurologe. „Muskelzucken, Taubheitsgefühle, Halluzinationen, Sehstörungen, Geruchswahrnehmungen, Bewusstlosigkeit oder auch Verträumtheit können Anzeichen sein, aber auch auf ganz andere Ursachen zurückgehen. Das macht die Diagnose so schwierig.“ Bei der Epilepsie handelt es sich um eine Gehirnstörung, der ein Funktionsausfall folgt. Die Störungen treten chronisch oder auch vereinzelt auf und können das Absterben von Gehirnzellen nach sich ziehen. Meist werden sie von äußeren Einflüssen getriggert, besonders häufig von Stress, Schlafmangel, Drogen oder auch von optischen Reizen. Zwar können epileptische Anfälle selbst tödlich verlaufen, weitaus häufiger werden sie für den Betroffenen aber aufgrund der Umstände gefährlich, in denen er sich während des Anfalls befindet – zum Beispiel, wenn er am Steuer eines Fahrzeugs sitzt. Hinter den Störungen verbirgt sich häufig eine Vernarbung des Gehirns, die das unkontrollierte „Feuern“ der Nerven provoziert. Die Therapie besteht üblicherweise in der Verabreichung von Medikamenten, die die Anfälle unterdrücken und die Reizschwelle anheben – und heute mit weitaus geringeren Nebenwirkungen verbunden sind als noch vor einigen Jahren. Trotzdem kämpft Toutzaris bei der Verschreibung immer wieder gegen Widerstände: Viele Patienten haben Angst vor der Einnahme von Medikamenten und ihren eventuellen Nebenwirkungen, auch wenn sich ihr Zustand noch weiter verbessern ließe.
„Zunächst müssen wir aber überhaupt erst in Erfahrung bringen, ob es sich bei den Episoden überhaupt um epileptische Anfälle handelt und welche Regionen des Gehirns sie auslösen“, erläutert Toutzaris die diagnostische Vorgehensweise. Diese Auskunft gibt ein EEG oder auch ein Langzeit-EEG, doch nur selten tut die Krankheit ihm den Gefallen, just in dem Moment aufzutreten, wenn die Elektroden angelegt sind. Dann besteht die Möglichkeit, den Anfall zu provozieren, ein Verfahren, dass man mit einem Allergietest vergleichen kann. Manchmal aber sind kreativere Maßnahmen erforderlich, wie Toutzaris weiß: „Ein Patient klagte darüber, seit zehn Jahren regelmäßig mit verkrampften Händen aufzuwachen. Er hatte regelrecht Angst vor dem Einschlafen, weil er sich die Anfälle nicht erklären konnte. Alle Untersuchungen, denen er sich unterzogen hatte, waren ergebnislos verlaufen. Wir machten ein Langzeit-EEG mit ihm und filmten ihn während seiner Nachtruhe. Erst durch die Synchronisation der Videoaufnahmen mit dem EEG konnten wir eindeutig belegen, dass die Verkrampfungen mit auffälligen Gehirnaktivitäten zusammentrafen: Epilepsie.“ Dem Studium des EEGs kommt bei der Diagnostik eine besondere Bedeutung zu, doch weil Epilepsie so vielgesichtig ist, bedarf es dazu eines geschulten Auges. „Die Krankheit äußert sich in bestimmten Kurvenmustern, die ein Epileptologe erkennen und einordnen kann. Dr. Belke studiert die meterlangen EEG-Kurven ganz genau. Er kann sie tatsächlich lesen wie ein Buch und entdeckt darin Auffälligkeiten, die anderen verborgen bleiben“, beschreibt Toutzaris die Arbeit seines Kollegen.
Das konzentrierte Vertiefen in abstrakte, für den Uneingeweihten nichtssagende Kurven, das Suchen nach verborgenen Spuren: Das passt zu einer Krankheit, die immer noch Rätsel aufgibt – aber auch zu Toutzaris Fachgebiet insgesamt. „Neurologie ist im Wesentlichen Diagnostik“, sagt er. „Die Heilung ist – wie bei den meisten medizinischen Fachrichtungen – nicht ihre Stärke. Es geht eher darum, die Lebensqualität des Patienten dadurch zu verbessern, dass wir Beschwerden minimieren.“ Das klingt fast unangemessen bescheiden: Toutzaris‘ Kunst besteht nicht zuletzt darin, von außen völlig unsichtbare Defekte sicht- und damit überhaupt erst behandelbar zu machen. Wie ein Detektiv eben, der nach Analyse aller noch so unscheinbaren Indizien mit traumwandlerischer Sicherheit Motiv und Täter ermittelt.
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