
Überall klagen Vereine, dass ihnen der Nachwuchs ausgehe, dass die Bereitschaft, sich ehrenamtlich zu engagieren, immer weiter schwinde. Besonders betroffen ist das Brauchtum, Karnevals- und Schützenvereine, das noch zusätzlich mit der Bürde zu kämpfen hat, bei der Jugend als „altmodisch“ zu gelten. Dass dem keinesfalls so ist, möchten aktuell vier Krefelder Schützenkönige beweisen. Und ihr Bestes dafür tun, Jüngere für das Engagement in ihren jeweiligen Vereinen zu begeistern und die lang gehegten Traditionen zu erhalten.
Peter Siebenmorgen: Tochter Emily ist als Königin an Papas Seite

Peter Siebenmorgen liegt das Brauchtum im Blut: Sein Vater war 20 Jahre lang Vorsitzender des Verberger Schützenvereins, Siebenmorgen selbst ist seit 1992 aktiv dabei. Er fing bei den Jungschützen an und gehört heute der 1. Kompanie des 2. Westfälisches Husaren-Regiments Nr. 11 an. „Außerdem habe ich natürlich durch unsere Gastronomie schon von klein auf das Schützenwesen miterlebt“, so der 46-Jährige. Er betreibt den Familienbetrieb „Haus Kleinlosen“ in vierter Generation. So war es vermutlich nur eine Frage der Zeit, bis er die Königswürde erlangte. Im vergangenen Jahr war es dann soweit: Nach einer „spontanen Entscheidung“ und einem spannenden Vogelschießen konnte er Karsten I. als Regent ablösen. Nun fiebert er dem Schützenfest entgegen, das in Verberg alle vier Jahre stattfindet. An den kommenden Pfingsttagen wird groß gefeiert. Dabei gibt es eine Besonderheit: Als Königin an der Seite von Peter V. steht seine Tochter. Emily I. ist 22 und kann es ebenfalls kaum mehr erwarten. Auch die anderen vier Kinder des Regenten sind beteiligt: „Zwei sind selbst schon im Verein aktiv, die Kleinsten dürfen mit in der Kutsche fahren“, sagt der stolze Papa. Er hofft, damit auch Werbung bei den jüngeren Verberger für ein Engagement im Brauchtum zu machen. Übrigens: „Haus Kleinlosen“ ist während der Schützenfesttage geschlossen. „Das geht nicht anders“, so der Inhaber und König.
Sascha Damek: Bei der Jugend fürs Brauchtum werben

Ein Kettcar als Getränkewagen? Das gibt es sicherlich auch nicht oft. Zum Einsatz kam das umfunktionierte Gefährt in der Kindheit von Sascha Damek, dem aktuellen Schützenkönig in Bockum. Der 30-jährige Polizeibeamte gehört der 5. Jägerkompanie an. Diese war Ende der 1970er-Jahre von seinem Großvater, Major Max Damek, und seinem Vater Andreas Damek gegründet worden. Schon früh begleitete er die Umzüge – eben auch mit dem praktischen Kettcar. „Im Alter von 16 durfte ich dann der Kompanie beitreten. Leider gab es damals nochkeine Jugendabteilung, so wie es jetzt der Fall ist“, sagt Damek. Im vergangenen Jahr trat er beim Vogelschießen gegen den eigenen Vater an: „Es war geplant, dass wir als Familie mit unserer Kompanie ein Königshaus stellen wollen. Dabei war nicht festgelegt, wer von uns beiden König wird. Es war für uns beide ein aufregendes, aber umso schöneres Duell mit gegenseitiger Unterstützung“, betont der Sohn. Das Schützenfest findet vom 19. bis 22. Juni statt. Der junge Schützenkönig hat sich vorgenommen, gemeinsam mit seiner 25-jährigen Königin Laura das Schützenwesen nach außen hin attraktiv zu präsentieren „und so hoffentlich viele neue Gesichter in unser Brauchtum holen“. Dazu gehört für ihn, sein „Herzensprojekt“ Jugendabteilung noch populärer zu machen. „Sie stellt die Zukunft unseres Vereins dar.“ Da passt es sehr gut, dass mit Noah I. und Janine I. erstmals auch ein Jungschützenkönigspaar den „Bockumer Hochadel“ erweitert.
Lukas von der Weyden: „Vom Vogelschuss war ich schon als Kind fasziniert“

Es brauchte 543 Schüsse – dann konnte Lukas von der Weyden jubeln: Im September 2022 setzte er sich gegen seine Mitbewerber an der Vogelstange durch und wurde König in Traar. Die große Party stieg dann zu Pfingsten 2023. Er habe sich vor drei Jahren dazu entschieden, auf den Vogel zu schießen, „weil ich es schon als Kind immer beeindruckend fand“, so von der Weyden. Es habe ihn fasziniert, wie spannend und einzigartig dieser Moment ist. „Außerdem wollte ich einfach mal etwas für mich Neues ausprobieren und hatte richtig Lust darauf, es selbst zu erleben. Es war eine Mischung aus Neugier und der Vorfreude, etwas Besonderes zu machen.“ Unterstützung bekommt er von einem jungen Königshaus – der Altersschnitt bewegt sich um die 30. Lukas von der Weyden, der zur Gruppe der „Lützower“ gehört, ist es wichtig, die Traditionen vor Ort fortzusetzen. „Am Brauchtum reizt mich besonders die Verbindung von Geschichte, Gemeinschaft und Identität. Brauchtum bringt die Menschen über Generationen hinweg zusammen und schafft ein Gefühl von Zusammengehörigkeit. Es vermittelt Werte wie Respekt, Zusammenhalt und Achtsamkeit, die auch heute noch von Bedeutung sind.“ Außerdem, ergänzt der amtierende König, finde er es beeindruckend, „wie Brauchtum als ein kulturelles Erbe weitergegeben wird, während es sich gleichzeitig immer wieder an moderne Gegebenheiten anpasst“.
Christopher Schiffer: Vorfreude beim König von Fischeln

2004/2005 war Christopher Schiffer Jungschützenkönig der Bürger-Schützen-Gesellschaft 1451 Fischeln e.V. – „ein unvergessliches Erlebnis“, wie er sagt. Doch es ging noch eine Stufe höher: Schon damals sei er gefragt worden, wann er „richtiger Schützenkönig“ werde. „Und ich habe geantwortet: in 20 Jahren.“ Dieses Versprechen hat Christopher Schiffer gehalten. Als im vergangenen Sommer durch die Lautsprecher schallte: „Fischeln hat einen neuen König“ und sein Sohn ihm als Erster gratulierte, ging für den damals 33-Jährigen vom 1. Musketier-Corps ein Kindheitstraum in Erfüllung.
Sein Vater ist seit über 50 Jahren Schütze, war früher Hauptmann der 15. Kompanie. „Als ich acht Jahre alt war, nahm er mich zum ersten Mal mit. In meiner kleinen Uniform bin ich neben ihm beim Umzug mitmarschiert. Das war der Moment, in dem mich das Schützenwesen gepackt hat. Besonders schön war es immer, wenn die Kirmes auf dem Festplatz aufgebaut wurde. Das war für uns Kinder das Größte.“ Diese Mischung aus Gemeinschaft, Tradition und Freude habe ihn geprägt und sorge bis heute für Begeisterung. „Brauchtum verbindet Menschen, schafft Halt und bringt Generationen zusammen. Wenn 250 Leute gemeinsam Rosen für unser Fest drehen, dann ist das kein Verein – das ist Familie.“ Anfang Juli steigt das Schützenfest 2025. „Der große Schützenumzug am Sonntag wird sicher ein echtes Highlight. Und am Montag freuen wir uns riesig auf die Band Paveier. Fischeln soll feiern, wie es nur Fischeln kann!“
Schützenfest in Verberg
6. – 10. Juni
Bockumer Schützenfest 2025
19. – 22. Juni
Fischelner Schützen- und Heimatfest 2025
7. Juli

Fotos: Felix Burandt