Simon Havermann

Simon und sein Stress-Killer

Simon Havermann und sein Kultobjekt: Der VW Bulli T1, den er in vielen, vielen Arbeitsstunden auf Vordermann brachte.

Es ist ein unverbrüchlicher Mythos, der dieses Fahrzeug seit Jahrzehnten umweht. Simon Havermann weiß davon eine Menge zu erzählen. Schließlich gehört er seit Kindesbeinen schon zu den ausgesprochenen Enthusiasten dieses ganz speziellen Wagentyps. Der Vater sammelte Modellautos in einem Glasschrank. Und der Filius verguckte sich eines Tages in den „Bulli“, die kultige Ausführung T1 aus dem Hause Volkswagen. Ein Kleintransporter mit dem überdimensionalen VW-Logo auf der Fronthaube. Friedvoll und ein wenig unschuldig sieht er aus mit seinen großen und runden Scheinwerfern, die wie Käferaugen in die Ferne blicken. Sucht man ein prägendes Symbol der Wirtschaftswunderzeit, kommt einem rasch das Bild dieses Kleinbusses in den Sinn. Der Aufbruch in eine neue Zeit, die Verschmelzung von Reiselust und Ungebundenheit. Ein Lebensgefühl, eine Ikone auf vier Rädern, kaum eine Tonne schwer. „Der T1 ist immer noch der Bulli schlechthin“, schwärmt Simon Havermann. Er schreibt seine ganz eigene Geschichte mit diesem Liebhaber-Fahrzeug – und da wäre ja irgendwann in der Zukunft auch noch diese Traumreise.

Neulich, beim Bulli Summer Festival am Auesee in Wesel, an einem der letzten Sommerwochenenden, stand der Oppumer mit seinem VW-Bus oben auf der Bühne und nahm überglücklich die Huldigungen und den ersten Preis für den Gewinner entgegen. Er war sozusagen der Hauptact neben der Livemusik, den Vorführungen und der chilligen Camping-Ruhe. Der schönste „Bulli“ – das war nun seiner. Ihn hatte die Community unter all den Anwärtern auserkoren. Der türkis-grüne T1 mit weißem Dach, 1967 vom Band gelaufen. Sein von ihm selbst mit jahrelanger Handarbeit runderneuertes und geliebtes Hobby. „Das war eine Ehre für die ganze Mühe, die viele Arbeit“, freut sich Simon Havermann auch zwei Monate später noch über die hohe Anerkennung seines Schaffens, als er sein Werk in seiner Garage präsentiert. „Ich habe so viel Herzblut und Leidenschaft hineingesteckt“, erzählt er. Und dann auf einmal das: Am Morgen der Preisverleihung war der VW-Bus von Unbekannten zerkratzt worden. Ein Versicherungsfall. „Das ist bitter und ärgerlich.“ Es blieb zum Glück folgenlos für die Ehrung.    

Beim Bulli Summer Festival in Wesel belegte Simon mit seinem Bulli den ersten Platz.

Der technikaffine 36-Jährige hat das richtige Händchen für die vielen kleinen Umbauarbeiten. Simon Havermann ist Zweirad-Mechaniker und rund um den VW-Bus ein Autodidakt. Jemand, der sich die Dinge selbst beibringt. Bücherinhalte hat er quasi aufgesogen. „Ich bin schon ein krasser Nerd“, sagt er schmunzelnd über sich. In all der freien Zeit schraubte und montierte er in den zurückliegenden Jahren seit der Anschaffung Ende 2017 herum. „Ich habe die nötige Flexibilität“, erzählt der Familienvater dankend. Fast alle Restaurationen leistete er selbst. Ersatzteile besorgte er sich europaweit. Heute ist das Fahrzeug alltagstauglich mit moderner Technik, aber dennoch mit nostalgischem Charme. Der Ursprungscharakter blieb erhalten. „Es hat unendlich viel Spaß gemacht. Ich habe nie aufgegeben und extrem viel gelernt“, blickt Simon Havermann auf das Projekt zurück, das aber eigentlich nie wirklich endet. Fortdauernd gibt es etwas zu tun.

Die große Liebe zum „Bulli“ wurde in früheren Jahren jedoch schon auf eine harte Probe gestellt. Der Oppumer hatte über einen niederländischen Händler einen VW-Bus aus Brasilien gefunden, doch der erste Anblick war nichts als ernüchternd: „Das war eine geschönte Leiche“, so schildert es der sympathische Oldtimer-Freund mit schweren Worten. „Da bin ich über den Tisch gezogen worden. Eine absolute Katastrophe.“ Der Traum vom eigenen „Bulli“ drohte zu zerplatzen. Leichte Zweifel stellten sich ein. Doch mit dem Kennenlernen seiner heutigen Frau ergab sich eine neue Hoffnung. Sie stärkte Simon den Rücken, stieg während der Flitterwochen mit in das Wunschvorhaben ein. Per Zufall erstand er nach langer Suche den heutigen VW-Bus. Ein Glücksfall. Und dann auch noch eines der modernsten T1-Modelle, die je gebaut wurden. Viel Hingabe, viel Aufwand sind in die Restaurierung geflossen. Mehr Zeit und Geld als erwartet. „Man wächst mit seinem Projekt“, nimmt es Simon Havermann sportlich. Wo es eben nicht anders ging, holte er sich handwerkliche Hilfe hinzu.

Eine Tour durch Schottland wäre Simons Traum.

Allein in diesem Jahr hat der Oppumer schon mehr als 4.000 Kilometer mit seinem „Bulli“ zurückgelegt. Diverse Oldtimer-Treffen, Festivals, auch das Maikäfer-Treffen in Hannover für luftgekühlte VW-Klassiker besuchte er. Der stolze Besitzer genießt die unverwechselbaren Momente auf den Straßen. „Es bietet einfach Entschleunigung. Es ist ein superschönes Fahren. Ein wahrer Stress-Killer.“ Dass man den Motor noch laut hört und auch den Asphalt förmlich lesen kann – geschenkt. Es ist eben ein ganz spezielles Fahrerlebnis mit der besonderen Note der Nostalgie, die Enthusiasten wie Simon Havermann schätzen.

In Zukunft will der 36-Jährige noch ein paar Kleinigkeiten im Wageninneren einbauen. Auch das eine oder andere Festival wird 2025 bestimmt wieder angesteuert. Dazu Tagesausflüge und Oldtimer-Rallyes. Simon Havermann pflegt seine europaweiten Kontakte und hilft auch mal aus in der Szene, wenn es Fragen gibt. Und da wäre ja auch noch dieser alte Reisetraum: einmal Schottland umfahren, entlang der Küsten, mit dem Zelt auf dem Dach. Ein absoluter Abenteuer-Trip. „Jetzt werde ich die Zeit genießen“, sagt er. Nach der Arbeit kommt bekanntlich das Vergnügen.

Fotos: Felix Burandt
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