angesichts der aktuellen Geschehnisse sowohl hier in Deutschland als auch der generellen weltpolitischen Lage fällt es uns schwer, die Aussage zu bestätigen, dass der Mensch ein soziales Wesen sei, zu bestätigen. Eher fällt uns der Lateinunterricht wieder ein, in dem irgendwann einmal der Satz fiel: „homo homini lupus“ – „der Mensch ist dem Menschen ein Wolf“. Dass das Zusammenleben in großen Gemeinschaften immer auch Konfliktpotenzial birgt, ist leider nichts Neues, doch es ist lange her, dass wir uns so unversöhnlich gegenüberstanden wie dieser Tage. Die kleinste Meinungsdifferenz reicht aus, um Beziehungen zu beenden, der nichtigste Anlass ist groß genug, um seinem Gegenüber Gewalt anzutun. Sozialwissenschaftler, Philosophen und Hirnforscher rätseln gleichermaßen, was die Ursache dieses Zerwürfnisses ist. Ist es der wirtschaftliche Druck? Die ach so schnelllebige Welt, mit der unsere Gehirne angeblich nicht mehr mitkommen? Die Anonymität auf Social Media?
Als wir unsere Titelheldin Funda Schneider baten, die Ereignisse zu rekapitulieren, die dazu führten, dass sie in diesem Jahr den Preis für Mut und Zivilcourage erhielt, schossen ihr die Tränen in die Augen. Sie konnte die Vorstellung nicht ertragen, dass eine Mutter ihr eigenes Kind misshandelte: In dem Moment, als sie Zeuge der Tat wurde, handelte sie ruhig, kühl und besonnen; als sie sich rückblickend daran erinnerte, wurde sie von ihren Gefühlen übermannt. Ihre Empathie für dieses fremde Kind, das den ultimativen Vertrauensbruch erlebte, war einfach zu groß. „Ich kann es nicht ertragen, wenn jemand Leid erfährt, der sich nicht wehren kann“, erklärte Funda Ihre Gefühle. Menschen so früh wie möglich zu selbstbewussten, starken Menschen mit einem klaren Wertekompass zu machen, ist auch die Aufgabe, der sich Daniela Golus verschrieben hat: Täglich arbeitet sie mit Kindern daran, sich gegen Mobbing zu wappnen – und so verbale Gewalt bereits im Keim zu ersticken. Auch im Werdegang von Andreas Focke spielte Gewalt eine Rolle: Er war anwesend, als Selbstmordattentäter einen Anschlag auf ein Fußball-Länderspiel verübten, und diese Erfahrung führte ihn schließlich in die Politik.
Alle diese Geschichten zeigen, dass wir Gewalt, Unrecht und Intoleranz nicht hilflos gegenüberstehen: Wir haben die Möglichkeit, uns aufzulehnen, zu widersprechen und uns zu wehren. Das ist nicht immer einfach, vor allem dann nicht, wenn wir nicht selbst direkt betroffen sind. Aber wenn wir erkennen, dass wir keinesfalls ohnmächtig sind, sondern die Macht haben, Dinge zu verändern – vielleicht auch nur im Kleinen –, wird das unsere Weltsicht erheblich verändern.
Gerade in Krefeld könnte diese optimistische, positive Haltung Wunder bewirken. Probieren Sie es aus!
Viel Spaß beim Lesen wünschen
Ihr Michael Neppeßen, David Kordes & Torsten Feuring
Foto: Luis Nelsen