Ob Richard Wagner Roman Hovenbitzers Inszenierung seiner romantischen Oper „Der fliegende Holländer“ gefallen hätte, lässt sich schwer beantworten. Das Publikum der Krefelder Premiere zeigte sich jedenfalls begeistert. Minutenlange Bravo-Rufe und Standing Ovations machten deutlich, dass das bildmächtige Spektakel den richtigen Nerv getroffen hatte. Dabei galten die intensiven Beifallsbekundungen sicher der überragenden Gesangsleistung und dem tollen Bühnenbild – ein bisschen vielleicht aber auch der nahezu feministischen Botschaft, die der Regisseur in die Wagner’sche Opernwelt hineingeschmuggelt hat.
Denn nach Wagners Vorlage sollte sich die weibliche Heldin Senta am Ende des Stückes eigentlich für ihren Geliebten opfern, um ihn endlich von seinem Fluch zu erlösen. Dabei hat der Komponist die Rechnung allerdings ohne die Regie gemacht. Denn Hovenbitzer übernimmt das Wagner’sche Ideal der sich opfernden Frau nicht: Seine Senta zeigt im Gegenteil bereits von Kindesbeinen an einen sehr eigenen Kopf, spielt lieber mit Schiffen als mit Puppen und weigert sich, ihrem Vater, dem Seekapitän Daland, zu gehorchen. Das tut sie erst, als dessen Wille sich mit ihrer eigenen Sehnsucht deckt. Schon lange hatte sie davon geträumt, mit dem rastlosen „Holländer“ in die Welt zu ziehen und ist deshalb sofort bereit, ihn zu heiraten, als das Schicksal ihren Vater und den zu ewigem Herumirren auf dem Meer verdammten Kapitän zusammenbringt. Den Opfertod für ihren Geliebten akzeptiert sie allerdings nicht. Lieber macht sie sich allein mit ihrem kindlichen Alter ego auf die Reise ins Ungewisse.
Begeistert hat diese sehr gelungene Mischung aus romantischer Musik und modernem Geist auch das von uns befragte Ehepaar Butz. Der Ehrenpräsident der Krefelder Krähen und seine Frau Ellen zeigten sich kurz nach der Oper noch nahezu überwältigt von dem eben Erlebten. „Eine Oper der ganz großen Klasse“, ist Jochen Butz` erste Reaktion. „Und das aufgrund der Musik, der großartigen Stimmen und der Inszenierung mit ihrem unerwarteten Ende. Dass Senta überlebt, wer hätte das gedacht?“, ergänzt er verschmitzt. „Das Original sieht ja etwas ganz anderes vor. Ich finde die Inszenierung mit ihrem modernen Frauenbild aber mindestens ebenso stimmig.“
Auch die Modernität der Bühnentechnik überzeugt. Ellen Butz lobt, dass die Spannung bereits ab der ersten Minute einsetzt. „Durch diese Videoanimationen, die in der neueren Zeit die Opern begleiten, ist man direkt im Geschehen drin. Die Projektion des offenen Meeres fand ich sensationell“, erklärt sie mit Begeisterung, und ergänzt: „Ich kann mir gut vorstellen, dass diese Art, wie die Oper heute auf die Bühne kommt, auch die Jugend anspricht. Ich habe eben mit einem Mitschüler meines Sohnes gesprochen, der heute zum ersten Mal in der Oper und gleich sehr angetan war.“ Auch die manchmal geäußerte Kritik, die Videotechnik würde von der Musik ablenken, lässt Ellen Butz nicht gelten: „Die Musik bleibt im Vordergrund“, betont sie und ihr Mann ergänzt: „Die Projektion auf die Gaze vor der Bühne erzeugt eine wunderbare Dreidimensionalität. Was die Lichttechnik hier herauskitzelt, ist verblüffend!“ Ausdrücklich loben möchten Jochen und Ellen Butz auch die musikalische Leistung des Ensembles: „Der großartige Generalmusikdirektor Mikhel Kütson ist allein schon ein Garant für Qualität“, so Jochen Butz, während seine Frau die Stimmqualität sensationell fand, womit sie nicht die Einzige ist. Sowohl Johannes Schwärsky als Holländer, Matthias Wippich als Daland und Ralph Ertel als Erik als auch der Steuermann (Arthur Meunier) und Dalands zweite Frau Mary (Eva Maria Günschmann) überzeugten durch ihre Stimmgewalt. Eine ganz besondere Premiere durfte Agnes Thorsteins als Senta feiern, die diese schwierige Rolle zum ersten Mal sang und mit Bravour meisterte. Positiv zu erwähnen sind aber auch Chor und Statisterie, die sehr zu dem Gelingen des Opernabends beitragen – und das sowohl gesanglich als auch durch die durch sie erzeugte opulente Bildfülle.
Ellen Butz und ihr Mann sind überzeugt, dass man nicht nach Köln oder Düsseldorf fahren muss, um Ballett, Schauspiel oder Oper von hervorragender Qualität zu genießen. „Wir sind auch mehrmals in Berlin gewesen, haben Opern dort in alter Form gesehen, auch den fliegenden Holländer. Das hier begeistert uns mehr. Auch wenn wir schon älter sind“, resümiert sie mit einem Lächeln. Dem ist nichts hinzuzufügen.
„Der fliegende Holländer“ ist im Theater Krefeld ab dem 18. Februar noch sechsmal zu sehen. Letzte Vorstellung in dieser Spielzeit ist der 5. Mai. Karten bekommt man unter theater-kr-mg.de oder telefonisch unter: 02151-805-125
Fotos: Matthias Stutte