Helios Klinikum Krefeld

Hämorrhoiden-Embolisation: Sanfte Linderung für eine schambehaftete Volkskrankheit

Prof. Dr. Marcus Katoh, Chefarzt des Instituts für Diagnostische und Interventionelle Radiologie

Eine der größten Herausforderungen der modernen Medizin besteht darin, die Vielzahl der sich in immer schnellerem Rhythmus ablösenden Innovationen an die Öffentlichkeit zu kommunizieren. Die Fortschritte sind so gewaltig und lösen sich in so schneller Folge ab, dass allein das Studium der einschlägigen Fachliteratur eine Vollzeitaufgabe darstellt, die für Ärzte mit vollem Wartezimmer kaum zu meistern ist. Manchmal ist es aber auch die Scham der Patienten, die einer Behandlung im Weg steht. Etwa wenn es um Hämorhoiden geht. Mit der Hämorrhoiden-Embolisation gibt es nun eine neue Therapie, die schnelle und effektive Alternative zu den herkömmlichen Methoden darstellt. Dafür reicht schon eine kleine Punktion der Leiste.

Prof. Dr. med. Marcus Katoh, Chefarzt des Instituts für Diagnostische und Interventionelle Radiologie, kennt die Methode der Embolisation bereits aus zahlreichen anderen Bereichen. Sie kommt zum Beispiel bei der Behandlung von unfallbedingten Blutungen, bösartigen Tumoren, Gefäßfehlbildungen oder -erweiterungen, oder – hier übernimmt der Mediziner eine echte Vorreiterrolle in Deutschland – der Therapie gutartiger Prostatavergrößerungen und chronischer Gelenkschmerzen. „Die Methode ist immer ähnlich“, erklärt er. „Über einen hauchfeinen Katheder werden kleinste Partikel, feine Metallfäden oder flüssige Klebstoffe in die Blutgefäße eingebracht, die die Durchblutung kritischer Bereiche verhindern.“ Vereinfacht gesagt: Gefäße werden künstlich verstopft. In Anbetracht der Tatsache, dass eine gute Durchblutung für gewöhnlich als gleichbedeutend mit „Gesundheit“ verstanden wird, mag diese Erklärung zunächst verwundern, doch Katoh weiß, dass Durchblutung nicht gleich Durchblutung, Blutgefäß nicht gleich Blutgefäß ist: „Im Fall einer Entzündung etwa reagiert der Körper darauf, dass die Gefäße sich ausweiten und demnach mehr Blut an die betroffene Stelle gepumpt wird. Wird eine Entzündung chronisch, entstehen neue krankhafte Gefäße, die an dieser Stelle zu einer Überversorgung mit Blut führen und die Beschwerden vergrößern. Genau das beobachten wir auch bei Hämorrhoiden.“ Mithilfe der Embolisation kann das krankhafte Wachstum nicht nur gestoppt, sondern sogar rückgängig gemacht werden.

„Hämorrhoiden sind eine Volkskrankheit“, weiß Katoh. Dabei muss man wissen, dass sie üblicherweise eine sehr wichtige Funktion übernehmen: Die schwammartige Struktur unterstützt den Schließmuskel bei seiner Tätigkeit. Erst, wenn das Gewebe degeneriert, seine Elastizität verliert und sich dadurch vergrößert, wird es für die Betroffenen – meist Männer ab dem 50. Lebensjahr oder aber Frauen nach einer natürlichen Geburt – unangenehm. Sie klagen dann über Blutungen, starken Juckreiz oder Schmerzen beim Sitzen, die eine echte Beeinträchtigung der Lebensqualität bedeuten – zumal niemand gern über die Ursache dieser Beschwerden sprechen möchte. Die gängige Therapie, je nach Schweregrad der Hämorrhoiden, besteht in der Verödung durch Unterspritzung, Gummibandligatur oder in der chirurgischen Entfernung: „Der Bereich ist natürlich nicht steril zu halten, sodass es neben dem normalen Wundheilungsschmerz auch zu Entzündungen kommen kann“, schildert Katoh mögliche Komplikationen. Neben der erwähnten Scham einer der Gründe, warum viele Patienten lange warten, bis sie mit ihren Beschwerden beim Arzt vorstellig werden. Aber viele von ihnen würden vielleicht umdenken, wenn sie wüssten, dass es eine neue Behandlungsmethode gibt, die gänzlich ohne die möglichen unangenehmen Nebenwirkungen auskommt.

Der Eingriff selbst dauert nicht länger als eine Stunde: Über die Leiste wird der Katheder eingebracht und mittels Röntgen – die Strahlenbelastung kann sehr niedrig gehalten werden – bis zu der Arterie geführt, die die vergrößerten Hämorrhoiden mit Blut ver- sorgt. Dann werden dort die feinen Metallfäden hinterlassen. „Pa- tienten, die über Blutungen klagen, bemerken den Effekt sofort im Anschluss an die Behandlung“, berichtet Katoh. „Die Linderung der anderen Beschwerden tritt dann nach einiger Zeit ein, weil sich die Hämorrhoiden erst zurückbilden müssen.“ Ein weiterer Vorteil: Die Patienten können in der Regel schon einen Tag nach dem Eingriff wieder nach Hause gehen. „Allerdings lassen wir Patienten danach einige Stunden liegend verweilen, damit sich damit sich die Punk- tionsstelle verschließen kann“, fügt Katoh hinzu. Jetzt gilt es nur noch, über die großen Vorteile der Embolisation aufzuklären – und die Scham zu überwinden.

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