Die Träume von der Profilaufbahn im Eishockey beginnen hier: im Internat des Krefelder EV. Jugendliche aus allen Teilen der Welt trainieren hier dafür, ihrem großen Ziel ein Stück näher zu kommen. Aber der Weg nach oben ist steil, ohne Hingabe und Opferbereitschaft geht es nicht. Und natürlich nicht ohne Team im Hintergrund, das den Talenten alles abverlangt und dabei ebenso viel Fleiß und Herzblut an den Tag legt wie die Kufencracks von morgen. Seit Jahren schon sind der Krefelder EV und die Talentschmiede des DEL-Clubs Krefeld Pinguine für ihre erfolgreiche Nachwuchsarbeit bekannt. Der Verein hat sich so ein Standing erarbeitet, das ihm im Ringen um die besten Talente des Landes ein zugkräftiges Argument verschafft. Das ist umso wichtiger, als der KEV finanziell mit den Branchenführern aus Mannheim und Berlin nicht mithalten kann. Er ist auf ein enges Netzwerk aus Freunden und Förderern angewiesen, die für den Verein brennen und das vielbeschworene „Umfeld“ schaffen, in dem Talente sich entfalten können. Einer von ihnen ist Wojtek Honnefelder.
Der Zahnarzt hält sich nicht lange mit blumigen Worten auf, er lässt lieber Taten sprechen. Jüngst hat er einen Wäschetrockner für die Sportappartements des Vereins spendiert, auch einen Trockner und eine Waschmaschine haben die Kufenflitzer bereits dankend von ihm entgegengenommen. Honnefelder geht gern mit gutem Beispiel voran, auch in diesem Corona-Herbst, wo so viele Gewissheiten wegfallen: „Der Verein ist auf eine breite Basis angewiesen“, sagt er über seine Motivation. „Der KEV ist eine Krefelder Institution. Es ist wichtig, ihm zu helfen.“ Die Patenschaft zwischen ihm und dem Verein besteht bereits seit zehn Jahren. Spieler, Trainer und Mitglieder kommen zu ihm in die Praxis, wenn es Probleme mit den Zähnen gibt. Was im Vollkontaktsport Eishockey schonmal häufiger vorkommt. „Das ist für uns natürlich eine Supersache“, freut sich auch Elmar Schmitz, Sportvorstand beim KEV, über die guten Gaben und die vertrauensvolle Verbindung, die finanzielle Last und organisatorischen Aufwand, die für den Betrieb des Internats nötig sind, von seinen Schultern nimmt.
Die Nachwuchsarbeit des Krefelder EV genießt einen exzellenten Ruf – und wurde vom Deutschen Eishockey Bund sogar prämiert: fünf Sterne. Höher kann ein Club nicht für sein Ausbildungsprogramm gelistet werden. Seit es die Bewertung gibt, war der KEV immer im Kreis der Klassenbesten dabei. Aber der Verein von der Westparkstraße verdankt seinen Leumund eben auch seinen Gönnern aus der Stadtgesellschaft und Anhängerschaft, ohne die das Internat nicht bestehen könnte. Und sicher ist: Ohne die Sportappartements und die Möglichkeit der Unterkunft und Dauerbleibe für die Hochbegabten auf dem Eis gäbe es wohl auch kein Premium-Siegel mehr. Eine Sache bedingt die andere. „Das ist für uns eine immens wichtige Auszeichnung“, betont Elmar Schmitz. Hinter ihm an der Wand in der Geschäftsstelle prangt die Philosophie des Vereins in großen, schwarzen Lettern: „Heimat, Tradition, Eishockey.“ Der KEV soll der Fixpunkt für die Jugendlichen werden. Ein Ort, an dem sie ihre Persönlichkeit entwickeln, aber auch den Sprung ins Profigeschäft schaffen können. Immer aber in Verbindung mit der schulischen Ausbildung. „Wir haben dafür eine soziale Verantwortung“, sagt der Sportvorstand.
Wenn die Eltern die Kinder nicht mehr jeden Tag zum Training fahren können und die Zeit zwischen Schule und Training zu knapp wird, ziehen die Heranwachsenden am besten ins Sportappartement der Krefelder. Spätestens in der U17-Mannschaft stehen fünfmal pro Woche Übungen auf dem Eis an. Jüngere Kufenflitzer nimmt der KEV nicht in sein Programm auf. Selbstständigkeit wird großgeschrieben. Wegen des vielen Trainings fällt viel Wäsche an. Waschmaschinen, Trockner, aber auch Geschirrspüler werden daher für den Dauerbetrieb benötigt. Der Bedarf ist hoch, auch an Möbeln, an kleinen Dingen für die Einrichtung. Die 22 Quadratmeter großen Einzelzimmer sind noch unmöbliert, wenn die Spieler einziehen. Zwei Küchen hat es in den letzten zwei Jahren als Spende gegeben, eine dritte ist schon in Aussicht gestellt. Die WG der Spieler soll wie eine neue Familie werden, nur in den Ferien geht es zurück in die Heimat. Für viele ist das ein großer Schritt.
Die Spieler zahlen die Kaltmiete an den KEV, dieser leitet das Geld an den Vermieter, das Marianum, weiter. Den Großteil der Neben- und Personalkosten stemmt der Verein. Auch deshalb sucht der KEV händeringend nach Unterstützern. Über die Partnerschaft mit dem Marianum ist Schmitz sichtlich dankbar. Der neue Leiter Thorsten Licht wohnt wie ein Herbergsvater mit im Internat. Mit seinen Kollegen kümmert er sich um viele Belange der jungen Spieler, sorgt für ihr Wohl, übernimmt Behördengänge. Los ging es vor 14 Jahren, als der damalige Vorstand um Dirk Plassmann an den Sozialarbeiter Michael Dittmer herantrat. Dieser war gleich angetan vom Projekt und fungierte als erster Leiter der Einrichtung. 2006 nahmen die Dinge ihren Lauf. Zuerst noch mit drei Bewohnern auf einer einzigen Etage im früheren Schwesternwohnheim an der Hubertusstraße gelegen, wuchsen die Räumlichkeiten immer weiter an. Wenn Gruppen der Schwesternschaft aufgelöst wurden, mietete der Krefelder EV diese Zimmer an. „Heute sind wir auf drei Etagen vertreten“, sagt Schmitz. Das macht immerhin 15 Einzelzimmer für die jungen Spieler, die aus allen Erdteilen einwandern. Amerikaner, Kanadier, Russen, Osteuropäer, aber natürlich auch Talente aus der Region, sogar aus den Eishockey-Hochburgen Düsseldorf oder Köln. Etwa 150 Spieler haben das Programm des KEV in all den Jahren durchlaufen.
Die Beliebtheit erklärt sich auch aus den Perspektiven, die die Jugendlichen im Verein erkennen. So können sie Teil der U23-Mannschaft in der Oberliga werden. Das Team wurde im vergangenen Jahr aufgestellt, um die Lücke zwischen Nachwuchsliga und Profimannschaft zu überbrücken. Das zieht an, hat auch Elmar Schmitz erfahren: „Für uns ist das ein klarer Standortvorteil. Da können die Jungen spielen, spielen und spielen.“ Die Späher des KEV sind im Land unterwegs, um die Begabten zu sichten und von einem Sportlerleben in Krefeld zu überzeugen, mit guter Aussicht auf die U23 und vielleicht sogar mehr: die DEL. „Wir erhalten sehr viele Anfragen“, sagt Elmar Schmitz über die hohe Attraktivität des Clubs. Längst nicht alle der einstigen Internatsbewohner sind dem schnellen Mannschaftssport treu geblieben. Manche haben aufgehört, andere wurden Schiedsrichter oder haben die Seiten gewechselt und sich hinter die Bande zurückgezogen – als Fans feuern sie nun an, machen der Profimannschaft der Krefeld Pinguine Mut. Es gibt aber auch Jahrgänge, von denen mehrere Spieler den Sprung zu den Profis schaffen: wie einst Adam Kiedewicz, Darren Mieszkowski und Edwin Schitz. Oder Patrick Klöpper, der nach Umwegen im August beim DEL-Club anheuerte. Doch glänzen sollen die Spieler nicht nur auf dem Eis, sondern auch auf der Schulbank. Der KEV begreift die Ausbildung und den Leistungssport als Einheit. „Wer die Schule nicht ordentlich erledigt, erhält keinen Internatsplatz“, sagt Elmar Schmitz. Eine enge Kooperation besteht mit dem Vera-Beckers-Berufskolleg, die Schule für Spitzensportler, die dort ein sportgeprägtes Abitur ablegen können und denen Wege eröffnet werden, die durch das Sportlerleben verpassten Inhalte nachzuholen: begleitete Hausaufgaben, Helfer, die den Schülern unter die Arme greifen.
Die Kombination geht bisher auf. Und der Trockner dürfte nicht die letzte Spende des KEV-Freundes Wojtek Honnefelder gewesen sein. Sollten sich andere Gönner dadurch ermutigt fühlen, ihren Teil zum Erfolg beizutragen, ist es umso besser für den Standort. Das Ergebnis der Schenkung kann man vielleicht in der Zukunft auch auf dem Eis bewundern. In einem Spiel der Eishockey-Bundesliga.
Weißware steht immer hoch im Kurs. Waschmaschinen und Trockner laufen im Internat ohne Pause.