Wer als Freigeist, Enfant terrible, Hedonist und Konventionsbrecher den argwöhnischen Blicken des provinziellen Bürgertums entfliehen möchte, sucht sein Glück nicht selten im Melting pot der amerikanischen Ostküsten-Metropole New York. Dort, so heißt es, könne man gar nicht so auffällig sein, dass man unter seinesgleichen heraussticht. Für Armin Richly gilt das nicht. Armin wäre auch hier ein Hingucker. Zu sagen, er wäre in der Seidenstadt so bekannt wie der bunte Hund, würde ihm deswegen auch nicht gerecht. Wenn überhaupt, ist der bunte Hund so bekannt wie er. Der Mann mit den extravaganten Anzügen, den Designerbrillen und nietenbesetzten Lederschuhen ist eines der guten Kinder der Stadt. Er liebt Krefeld und Krefeld liebt ihn. Diese wechselseitige Zuneigung ist das Fundament einer Biografie, die sich weit abseits eindimensionaler Gymnasiasten-Karrieren ansiedelt. Armin ist ein leuchtenden Beispiel dafür, dass mit Mut, Fleiß und dem Herz am rechten Fleck im Leben alles möglich ist.
Krefeld ist eine geile Stadt mit vielen Machern.
Wenn dich „Ritchi“, wie er früher von seinen Freunden genannt wurde, in seinem Herzen trägt, wird aus einer Begrüßung ein Zeremoniell. Es gibt Umarmungen, Küsse und liebe Worte. Zumindest war das früher so, denn seit Corona bleibt er kategorisch auf Distanz. Armin leidet unter der Situation. Seine Stimmung schwankt dieser Tage wie der R-Wert. Der 61-Jährige hat seine eigene Sprache kreiert. Man könnte sie Arminisch nennen. Mit eigener Syntax, zahlreichen Neologismen und Pointen in fast jedem Satz. Formulierungen wie „Das regle ich mit ihm von hier bis zum Kaugummiautomaten“ werden mit comichaften Gesten unterfüttert. Genauso wie seine Sprache hat Armin auch sein H.O.B-Imperium nach dem „I did it my way“-Prinzip entwickelt. „Ohne ein paar glückliche Zufälle und eine handvoll Menschen, die mir geholfen haben, wäre das aber nicht möglich gewesen“, sagt er und stellt damit zwei wesentliche Merkmale seiner Persönlichkeit heraus. Er weiß genau, was er kann und was er nicht kann. Und er weiß welche Menschen mit ihren Fähigkeiten perfekt zu ihm passen. Denjenigen aus seinem innersten Kreis schwört er ewige Loyalität – und hält sie auch. Eines hasst er allerdings auf den Tod: „Du kannst zu mir alles sagen: Ich hab‘s nicht geschafft, vergessen oder nicht gekonnt – aber lüg‘ mich nie an“, sagt er deutlich. Klare Kante ist sein Lebensmotto. Dafür schätzen ihn seine Freunde und Kunden gleichermaßen.
Armin war kein Senkrechtstarter. Tatsächlich stotterte die heute gut geölte Maschine am Anfang ihres Berufslebens sogar. „Erst wollte ich Kfz-Mechaniker werden, scheiterte aber an der Aufnahme-Prüfung. Dann machte ich zwei Tage ein Praktikum bei einem Schlosserbetrieb und stellte fest: Das liegt mir nicht. Dann kam meine Mutter um die Ecke und sagte ‚Hurra, du wirst Maler und Lackierer. Ich hab‘ eine Lehrstelle für dich.‘ Das hab ich dann auch durchgezogen“, erzählt er in seiner unnachahmlichen Art. Viele Jahre arbeitet er anschließend in dem Beruf. Er war nie derjenige, wie er selbst sagt, der mit der Rolle die Kilometer an der Wand abreißt. Seine Fähigkeiten kamen immer dann zum Tragen, wenn es schön, ausgefallen oder extravagant werden sollte. „Warum ich das kann? Keine Ahnung! Vielleicht Instinkt, Intuition oder Gefühl. Egal, ich kann‘s einfach“, sagt er achselzuckend. Armins gestalterische Fähigkeiten ziehen sich wie ein roter Faden durch sein Leben. Er liebt Kleidung, Einrichtungsgegenstände und Kunst. Parallel zur H.O.B führte er Ende der 80er mal „Ritchi‘s Basar“, wo er Dekorationen aller Art vertreibt. Und auch die GroßmARkt Galerie zeigt heute noch, dass er der König des Nippes ist. Überall, wo sich der in Hüls Geborene bewegt, ist er umgeben von alten Flippern, Werbetafeln, Tonfiguren und allerlei anderen Kuriositäten, die offenbar nur er aufzustöbern weiß. Fast jeder bringt die Firmenzentrale der H.O.B. auf der Uerdinger Straße 186 mit der Freiheitsstatue in Verbindung, die vor Jahren auf dem Balkon angebracht wurde und in so mannigfaltiger Weise Armins Charakter repräsentiert.
Der ultimative Nährboden seiner anziehenden Aura und seines beruflichen Erfolgs ist seine Gabe, mit Menschen umzugehen. Armin ist ein wahrer Menschenfänger. „Dafür danke ich Gott“, sagt er. Als er in seiner wilden Zeit mit den anderen schweren Jungs auf dem Motorrad unterwegs war, wurde er zum Rädelsführer ernannt. Sein Wesen und seine Verbindlichkeit öffneten seinerzeit buchstäblich Schranken von Campingplätzen, die für die Kuttenträger ohne ihn wahrscheinlich verschlossen geblieben wären. Auch die H.O.B-Erfolgsgeschichte ist eng an seine zwischenmenschlichen Fähigkeiten gekoppelt. Ende der 80er kommt er als Maler zu einem Architekten, der Immobilien sanierte und schließlich in die Zwangsverwaltung geriet. „Ich ging damals zu der Anwaltskanzlei, die die Zwangsverwaltung verantwortete, und stellte mich vor: ‚Guten Tag, ich bin der Armin Richly, bin ein guter Handwerker und würde gerne ihre Objekte betreuen‘. Die sagten dann: ‚Ja, gut, gerne, aber dafür müssen sie eine Firma gründen‘. Ich hatte von Tuten und Blasen keine Ahnung, aber habe den Sprung ins kalte Wasser gewagt, weil ich nicht viel zu verlieren hatte“, sagt er rückblickend und lacht: „Die Hausmeister-Objekt-Betreuung, kurz H.O.B., war anfangs ein Klingelschild auf meiner Haustür und ein Bus mit meinem Werkzeug, das war‘s! Aber ich wusste ganz genau, wenn du hier erfolgreich sein möchtest, dann musst du anständig, zuverlässig und korrekt sein.“ Das war er immer.
Wenn man Armin nach den weiteren Gründen für den beinahe kometenhaften Aufstieg seines Hausmeister- und Objektbetreuungsservice‘ fragt, würde er nie zuerst sich in den Mittelpunkt stellen, obwohl er immer die treibende Kraft war. Gerade mit Blick auf die Anfangsjahre stellt er das Engagement seiner Ehefrau heraus, die ihm in diesen Tagen alles abnimmt, was er weder kann noch mag, wie das Backoffice oder den behördlichen Schriftverkehr. Dann sind es Heidi Werner, die inzwischen seit 26 Jahren eine tragende Säule im Unternehmen darstellt, und sein alter Schulfreund Roland Rönz, der kurz nach der Jahrtausendwende als freier Unternehmensberater hinzustößt und das seinerzeit schon große Unternehmen in noch höhere Sphären führt. „Roland ist zusammen mit André Bruckhaus nicht nur einer meiner besten Freunde, sondern die ideale Ergänzung. Er ist schlau, gebildet und super bei offiziellen Anlässen. Ich bin der Macher, er der Denker“, sagt Armin. 35 Jahre gibt es H.O.B. bereits. Aus dem Klingelschild wurde über dreieinhalb Dekaden ein fast 40 Mitarbeiter umfassendes Unternehmen. Kein Tag vergeht auf Krefelds Straßen, ohne dass einem mindestens eines der Autos aus der Flotte begegnet. Regionale Finanzdienstleister, das Behnisch Haus, fast alle Veranstaltungsstätten und etliche andere große Immobilien-Besitzer schwören auf die Dienste des hart arbeitenden und immer vertrauenswürdigen Lebemanns, der stets seinem Bauchgefühl folgt.
So sind es auch keine schnöden Rendite-Erwartungen, sondern sein Instinkt und der Schöpfergeist, die die Grundlage seiner zweiten große Leidenschaft bilden: den Erwerb und die Revitalisierung alter Immobilien. „Wenn ich in einer Immobilie stehe, dann habe ich eine Vision und weiß genau, was ich daraus machen kann. Oft fragen mich Leute, ob ich noch alle Latten am Zaun hätte, aber wenn sie das Ergebnis sahen, waren sie verblüfft“, sagt Armin und lacht. Jede seiner Immobilien trägt seine unverwechselbare Handschrift. Mal modern, mal mediterran, aber immer Armin: ausgefallen, besonders und unverwechselbar. Dort lässt er alles einfließen, was den Künstler und Gestalter in ihm ausmacht. „Ich bin ein Kind der Stadt, ich kann Strömungen wahrnehmen und hab ein Gespür dafür, was sich wie entwickelt. Das könnte ich in einer anderen Stadt gar nicht“, so Armin weiter. Auch wenn es ihn manchmal an sein Seegrundstück außerhalb der Stadtgrenzen zieht und er früher gerne auch für Wochen die Sonne Ibizas genossen hat, zieht es ihn immer wieder zurück in die Seidenstadt. Die Stadt, die gut zu ihm war und der er immer gerne etwas zurückgeben möchte. „Krefeld ist eine geile Stadt mit vielen Machern. Trotzdem brauchen wir noch mehr Leute, die das Schicksal unserer Stadt in die Hand nehmen“, lautet sein Fazit.
Armins Wahlspruch „Die guten Kinder der Stadt“ enthebt sich der Phrase tatsächlich erst dann, wenn man den Lebensweg der Integrationsfigur kennt und ihn als Mensch mit seinen Triebfedern verstanden hat. Alles andere als mit dem goldenen Löffel ins Leben entlassen, hat er genommen, was er hatte und das beste daraus gemacht. Mit Mut, Fleiß und dem Herz am rechten Fleck. Ein Slogan, der als Wegweiser für die Zukunft auch über unserem Stadtwappen stehen könnte.