Die Historiker streiten, ob es der 11. oder der 12. September 1804 war. Sicher ist hingegen, dass die Stippvisite Napoleons im Leben der damaligen Krefelder einen Höhepunkt markierte. Napoleon selbst war laut der Berichte eher gelangweilt: Den Wein des Bürgermeisters von der Leyen verschmähte er ebenso wie sein Essen, dafür interessierte er sich brennend für die Anzahl der hiesigen Textil-Millionäre. Als sich Napoleon nach nur einem Tag Richtung Venlo verabschiedete, erinnerte vordergründig nur der Name der „Rue impériale“, der heutigen Hochstraße, an seinen Besuch, aber sein Einfluss sollte weit über das Jahr 2014 hinausreichen. Bis zur Gründung unseres Magazins im vergangenen August, um genau zu sein. Die letzten Monate waren für uns eine Zeit großer Veränderungen. Zu unserem Bedauern mussten wir die KR-ONE, das Magazin, das wir viele Jahre mit Herzblut und Leidenschaft herausgegeben hatten, einstellen. Zwar war schnell klar, dass wir unsere Arbeit fortsetzen würden, aber das Kind benötigte einen neuen Namen, der zudem untrennbar mit unserer Stadt verbunden sein und unsere Mission widerspiegeln sollte: Krefeld zu gestalten, nach vorn zu bringen und die Menschen zu unterstützen, die das auch tun.
Crévelt. Unter diesem Namen war Krefeld während der Franzosenzeit von 1798 bis 1814 Hauptstadt des gleichnamigen Arrondissements im linksrheinischen Département de la Roer. Es war eine Epoche großer politischer, gesellschaftlicher, wirtschaftlicher und kultureller Umwälzungen: Napoleon errichtete eine Verwaltung nach französischem Vorbild, schaffte die Privilegien des Adels ab, versteigerte den Kirchenbesitz und führte den Code civil ein, der allen Bürgern Rechtsgleichheit sowie den Anspruch auf öffentliche Gerichtsverfahren gewährte. Eine ungeahnte Freiheit und Sicherheit. Besonders florierte die Krefelder Wirtschaft unter der neuen Herrschaft. Der Monopolstatus, den bereits Kaiser Friedrich II. der Seidenweberei zugesprochen hatte, wurde durch die Abschaffung der Zünfte und die neuen Zollregelungen weiter ausgebaut: Die Industrie profitierte von der Öffnung nach Westen und der Tatsache, dass die rechtsrheinische Konkurrenz ihre Produkte nur unter Entrichtung hoher Zölle über den Rhein exportieren konnte. Begünstigt wurde die Entwicklung durch die Einführung einer festen, einheitlichen Währung und des metrischen Systems.
Die französische Kultur-und Bildungspolitik hatte das Ziel, „pö a pö“ den „französischen Geist“ zu etablieren, etwa über die Einführung französischen Sprache an Ämtern und Schulen. Der Plan ging zwar nicht auf, blieb aber auch nicht ganz ohne Wirkung, davon zeugen heute längst nicht nur zahlreiche Lehnwörter im Krieweelsch. Der kulturelle Einfluss der Franzosen machte sich auch in der Gründung der „Iris“ im Jahr 1799 bemerkbar, der ersten Zeitung Krefelds, die sich im Wesentlichen mit Politik und Literatur beschäftigte, sowie der großen Theatersaison im selben Jahr, bei der unter anderem Werke von Schiller, Mozart und Shakespeare zur Aufführung kamen. Der kurzlebigen „Iris“ folgten 1800 das „Intelligenzblatt“ sowie 1807 das „Crefelder Wochenblatt“, das 1811 vom Wochenblatt „Feuilles d’affiches, annonces et avis divers de Creveld“ abgelöst wurde, bevor es nach Abzug der Besatzer wieder unter dem ursprünglichen Titel erschien.
Die Franzosenzeit endete zehn Jahre nach Napoleons Besuch mit den Befreiungskriegen. Aber etwas blieb zurück: Die vielen deutschen Kleinstaaten fanden unter Fremdherrschaft zu einer neuen Einheit zusammen. Krefeld konnte seinen wirtschaftlichen Vorsprung bis ins 20. Jahrhundert halten. Und das CREVELT erscheint, ein Magazin, das vom Innovations- und Gestaltungstrieb der Franzosenzeit inspiriert ist. Krefeld braucht in den nächsten Jahren Ideen, Mut und Pioniergeist, um die Herausforderungen, vor denen es steht, zu bewältigen. Dazu möchten wir unseren Teil beitragen. Ganz ohne kaiserliche Krone.